Ein Trompeter gibt den Ton an
Musik
Der Musiker Martial In-Albon hat letzten Sommer den kantonalen Förderpreis für sein freies künstlerisches Schaffen gewonnen. Am Donnerstag gab er in der Chicago-Bar einen Einblick in sein Projekt.
Zug – Martial Arts heisst die Formation rund um den jungen Zuger Trompeter, und sie bewegt sich zwischen komplizierten Polyrhythmen und kräftigen, manchmal rockigen Beats. Beide Welten sind Teil dessen, «was da oben so abgeht», erzählt Martial In- Albon im Gespräch und tippt sich an die Schläfe. Der Zug von Zürich nach Zug ächzt unter der Last des Abendverkehrs, und während im Abteil alle über Banking und Finance diskutieren, schwärmt In-Albon von «Odd Rhythms» und klopft eine komplizierte Verschiebung von Patterns auf seine Knie.
Der hochgewachsene Zuger Musiker hat an der Jazzabteilung der Musikhochschule Luzern studiert und treibt jetzt, zwei Jahre nach seinem Abschluss, sein musikalisches Schaffen voran: hundert Prozent fünf Tage die Woche. Die verbleibenden zwei Tage unterrichtet er auf seinem Instrument, der Trompete.
Die kleinen konkreten Ziele
Das Projekt Martial Arts begleitet In-Albon seit seinem Bachelorkonzert. In immer wieder wechselnder Formation erkundet er die Melodien und Rhythmen, die ihm keine Ruhe lassen. Eine beständige Formation zu finden, die sich über Jahre hinweg aufeinander einspielt, das wäre sein Ziel. Eines der «grossen Ziele», die man vielleicht nie erreicht, die einen aber vorantreiben, meint In-Albon. «Bis die Band zu einem einzigen Klangkörper zusammenschmilzt.» Etwa wie Nik Bärtschs «Ronin», in dessen Oktett-Erweiterung Ronin Rhythm Clan er auch spielt. «Ich arbeite viel mit freier Improvisation, um den kreativen Prozess anzukurbeln.» So nimmt er oft improvisierte Sessions aus den Proben auf und entwickelt daraus Ideen weiter. «Dadurch ist die Persönlichkeit meiner Mitmusiker immer auch tief in das Gesamtwerk verwurzelt.» Manche dieser Ideen brauchen aber noch Jahre zum Reifen. «Diese Stücke müssen sich entwickeln, ihren Platz noch finden. Im ‹Chicago› zeigen wir einen einstweiligen Zwischenstand. Wir erreichen heute eines der kleinen, konkreten Ziele. Das gibt wieder frische Luft für Neues.»
Lieber frei als einseitig
Die Enge des Zugabteils hat ihn mittlerweile auf den sonnigen Perron gespuckt, und In-Albon macht sich auf ins «Chicago». Für die Zukunft hat er noch andere Ideen im Kopf, etwa ein Jazzquintett im Stil von Tom Hell oder Kenny Wheeler. «Das wäre aber mit anderen Musikern und in einer ganz anderen Ästhetik.» Vor seinem Studium spielte er auch als Sänger in einer Metal-Band mit. «Als ich mit dem Studium anfing, fanden da alle meine Metal-Masche ziemlich schräg», erinnert er sich amüsiert. «Aber auch heute schlägt mein Herz noch ein wenig für diese Musik.» Als das Projekt «Martial Arts» letztes Jahr auf Tour ging, hatte er noch Gesangsparts in den Stücken. Die fielen diesmal aber raus: «Sobald ein Text da ist, engt er das Stück ein auf eine Interpretation. Es sagt dann nur noch etwas Bestimmtes aus», erklärt In-Albon seine Entscheidung. «Die Musik ohne Text lässt dem Zuhörer mehr Freiheit in der Auffassung der Musik.»
Neben der kreativen Arbeit unterrichtet In-Albon. «Auch die Zusammenarbeit mit meinen Schülern gibt mir viel, und es ist ein Privileg, dass ich so arbeiten kann.» Deshalb hat er auch seinen Master in Pädagogik abgeschlossen. Um ein «sicheres» Standbein zu haben. «Dazu kommt noch der Förderbeitrag des Kantons, der mich momentan ungemein unterstützt und der es mir ermöglicht, so viel Zeit in meine Musik zu investieren.» (Wolf Meyer)