Gedichte zum Mitnehmen oder Innehalten

Literatur & Gesellschaft

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Beim «Gedichte pflücken» entsteht eine spannende Verbindung zwischen Literatur und Musik, die zu einem geselligen Abend führt. Angetan sind davon nicht nur Literaturliebhaber.

  • Demita Klassen (Mitte) liest beim Alpenquai in Zug ein Gedicht und wird von Musikern begleitet. (Bild Werner Schelbert)
    Demita Klassen (Mitte) liest beim Alpenquai in Zug ein Gedicht und wird von Musikern begleitet. (Bild Werner Schelbert)

Zug – Gedichte von Rainer Maria Rilke bis Pablo Neruda zieren am vergangenen Donnerstag die bunten, sorgfältig arrangierten Blätter, die rund um die Wiese beim Rehgehege beim Alpenquai in der Stadt Zug aufgehängt sind. An Schnüren, die zwischen den Bäumen gespannt sind, sind Gedichte in verschiedensten Sprachen angebracht.

Nicht nur für Literaturliebhaber ist das ein echter Genuss, immer wieder wecken die Gedichte auch die Neugier von Passanten. Wem ein Gedicht besonders gefällt, kann es pflücken und nach Hause nehmen. «Jeder kann ein Gedicht pflücken, vorlesen oder schreiben», erklärt Sigit Susanto, der die Idee für dieses literarische Projekt der Jugendanimation Zug (JAZ) mit dem Titel «Gedichte pflücken» hatte. Der Anlass findet im Juli bei gutem Wetter jeweils am Donnerstag statt.

«Stimmungsvoller, fast meditativer Anlass»

Inspiriert zu diesem Anlass haben Sigit Susanto zwei Quellen. Zum einen hat er in Wien ein Gebäude entdeckt, vor dem viele kleine Zettel prangen, auf denen Gedichte aufgeschrieben worden sind. Zum anderen lernte er zufällig in Konstanz einen Strassenkünstler kennen, der Gedichte rezitiert hat. «Diese beiden Entdeckungen wollte ich kombinieren», sagt Sigit Susanto. So hat er vor sieben Jahren gemeinsam mit der JAZ zum ersten Mal dieses Projekt durchgeführt und äusserst positive Resonanz erhalten. «Wir unterstützen Projekte, die Begegnungen schaffen. Beim ‹Gedichte pflücken› kommen Menschen völlig ungezwungen ins Gespräch und sind verbunden durch die Leidenschaft zur Literatur», sagt Lisa Palak-Otzoup von der Jugendanimation Zug. Die Gedichte tanzen an diesem Donnerstag im Wind, vor der malerischen Kulisse des Zugersees und locken internationales Publikum an, beispielsweise Besucher aus Brasilien oder Afghanistan. Besonders spannend wird es, wenn die Besucher Gedichte selber aufschreiben und vortragen. In einem Kreis aus Büchern und begleitet von Gitarre und Mundharmonika, werden Gedichte aus aller Welt rezitiert, gefühlvoll und anregend werden die Werke präsentiert. «Es entsteht ein sehr stimmungsvoller, fast meditativer Anlass», sagt Lisa Palak-Otzoup.

Sigit Susanto wählt Gedichte aus der ganzen Welt aus, die aufgehängt werden. Neben den internationalen Vertretern hat er auch zwei Zuger Dichter miteingebracht. Einer davon, Max Huwyler, hat sogar in vergangenen Jahren seine Gedichte vorgelesen. Von der Klassik bis zur heutigen Zeit sind Gedichte vertreten, sodass jeder fündig wird und seinen literarischen Durst auch stillen kann. (Vanessa Varisco)

Hinweis
Das nächste und letzte «Gedichte pflücken» für dieses Jahr findet statt am Donnerstag, 27. Juli, ab 17 Uhr beim Alpenquai.