Hier wird frei gespielt

Musik

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Zwei junge Musiker ermutigen in einem Klangworkshop zu hemmungslosem Spiel mit den Klängen. Der Leistungsdruck der Gesellschaft soll dabei weit weg bleiben.

  • Unter der Leitung Jasmin Lötschers musizieren die Teilnehmer des Klangateliers. (Bild Stefan Kaiser)
    Unter der Leitung Jasmin Lötschers musizieren die Teilnehmer des Klangateliers. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Musik machen ist schwierig. Und dazu auch noch oft peinlich. Etwa wenn man schief singt oder falsch spielt. Man zeigt sein Innerstes und blamiert sich. Diesen Ängsten haben vergangenen Montagabend zwei junge Zuger Musiker den Kampf angesagt. Im Klangworkshop schufen Daniel Gieger und Jasmin Lötscher einen Rahmen, in dem die Besucher völlig frei von Leistungsdruck der ­­ ­ganz eigenen Musik nachspüren ­durften. «Ich glaube, dass jeder Mensch musikalisch ist. Zu vielen wurde leider eingetrichtert, sie seien es nicht.» Und das blockiere die eigene Kreativität und den Zugang zum spielerischen Musizieren, findet Jasmin Lötscher. Die 21-Jährige studiert Musik und Bewegung in Luzern und ist in Zug besser unter dem Namen Jazzmin als leidenschaftliche Musikerin bekannt.

Auch Gieger teilt diese Ansicht. «Der Leistungsdruck, der in den Schulen auf die Kinder im Fach Musik ausgeübt wird, verschüttet manche kreative Ader. An Vortragsübungen, beim Notenlesen und beim Liedlilernen ist leider schon viel Musikalität verloren gegangen.» Gieger studiert an der Pädagogischen Hochschule Luzern auf der Sekundarstufe mit dem Schwerpunkt Musik und spielt Piano für die Zuger Band A.K.A. unknown. Zurzeit leistet er einen Teil seines Zivildienstes in der Jugendanimation Zug und hat im Rahmen dieser Arbeit auch den Klangworkshop ins Leben gerufen.

Es muss nicht «gut» klingen

Im Laden für Soziokultur neben der St.-Oswalds-Kirche versucht er zusammen mit Lötscher, die Barrieren der Teilnehmer zu umgehen und deren Spielfreude freizulegen. Mit Bodyperkussion und Circlesongs locken sie die Teilnehmer aus der Reserve. Später lassen sie sie auf sogenannten Loopstations eigene Loops, also sich stets wiederholende Sequenzen, übereinander gelagerter Aufnahmen kreieren. «Das ist einfach und macht Riesenspass» schwärmt Lötscher vergnügt.

Je weiter der Abend fortschreitet, umso entspannter wird die Atmosphäre in der bunt zusammengewürfelten Gruppe. Die Teilnehmer fassen Vertrauen. Und sie wissen, dass das, was sie mit dem reichen Angebot an verschiedenen, manchmal auch verrückten Instrumenten machen, nicht auf Anhieb gut klingen muss. Und so klingt es aus dem Laden bald vergnügt in den warmen Sommerabend hinaus, und die Passanten blicken neugierig durchs Fenster.

Eine Fortsetzung des Projekts ist vorerst noch nicht geplant. «Leider konnten wir niemanden finden, der dieses Projekt finanziell unterstützen möchte. Deshalb wird es wohl keinen zweiten Klangworkshop von uns geben», erklärt Gieger und fügt an: «Wenn ich fertig bin mit meiner Ausbildung und Musik unterrichte, werde ich diesen Ansatz aber auf alle Fälle in meine Arbeit einbauen.»

Zeit zum Umdenken

Auch Lötscher hat Ähnliches vor und lässt sich dabei nicht vom Lehrplan einengen. «Neben dem Lehrplan hat es immer auch Platz für Eigenes.» Wie schwerwiegend der schulische Leistungsdruck in der Musik sein kann, wissen die beiden aus eigener Erfahrung. «Nach einer Vortragsübung war ich einmal nur noch ein weinendes Häufchen Elend. Ich hatte damals etwas vorgesungen und dachte, ich sei so schlecht, dass ich am liebsten im Boden versunken wäre», erzählt Lötscher. «Diese Erfahrungen lassen sich verhindern, und die Musikschulen sollten umdenken», findet Lötscher. (Wolf Meyer)