Ein Stück Zuger «Verkehrsgeschichte»

Dies & Das

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Der Weg in die Berggemeinden war einst alles andere als ein Zuckerschlecken. Auf der historischen Route über die erste Lorzentobelbrücke sind bis heute Relikte des Strassenbaus aus alter Zeit sichtbar.

  • Der steile Aufstieg östlich der alten Lorzentobelbrücke weist bis heute Reste einer historischen Pflästerung auf. Einst war dieser Weg eine «Hauptstrasse» vom Tal in die Berggemeinden. (Bild Andreas Faessler)
    Der steile Aufstieg östlich der alten Lorzentobelbrücke weist bis heute Reste einer historischen Pflästerung auf. Einst war dieser Weg eine «Hauptstrasse» vom Tal in die Berggemeinden. (Bild Andreas Faessler)

Baar – Mit bis zu 80 Sachen rauscht man heute komfortabel über das Lorzentobel. Die breite Hauptstrasse verbindet die Stadt Zug mit den Berggemeinden, im Nu ist man vom Tal oben in Menzingen oder Ägeri. Wie mühselig derselbe Weg in alter Zeit gewesen sein mag, als weder die zweite noch die dritte Lorzentobelbrücke standen, kann man sich lebhaft vorstellen, betrachtet man das stotzige Gelände links und rechts des oberen Lorzenlaufs. Bis ins frühe 20. Jahrhundert führte der Weg über die erste in ihrer heutigen Gestalt 1759 errichtete Lorzentobelbrücke ganz unten im Tobelboden. Für grössere Transporte auf Rädern hatte man allerdings bereits ab der Zeit um 1800 besser zu bewältigende Alternativrouten gewählt, etwa den Weg über das weniger steile Gelände des Hintersattels unterhalb der Baarburg oder die Strasse über Walterswil. Ein Umweg zwar, aber weniger anstrengend und weniger gefährlich.

Die alten Ab- und Aufstiege zur gedeckten Lorzentobelbrücke haben sich bis heute teils erhalten und geben Auskunft über den einstigen Verlauf der Saum- und Fahrwege, der «Verkehrsstrassen» von anno dazumal. Diese waren selten breiter als gerade mal vier Fuss. Im Bundesinventar historischer Verkehrswege der Schweiz (IVS) wird der Bericht einer Begehung vor Ort aus dem Jahre 1834 erwähnt. Damals waren die aus heutiger Sicht geradezu halsbrecherischen Wege ins Tobel hinunter und wieder hinauf als «Landstrasse zweiter Klasse» bezeichnet, auch wenn sie bereits zu der Zeit schon seit längerem nicht mehr mit Fuhrwerken passiert worden waren. Der steile Abstieg vom Inwilerwäldchen – oberhalb des heutigen Lorzenkraftwerkes – hinunter zum Fluss wurde vor über 180 Jahren schon als «in einem schlechten Zustand» beschrieben. Es haben sich hier aus alter Zeit vereinzelte Hohlwege erhalten, welche teils auch heute noch immer benutzt werden.

Eine ebenso grosse Herausforderung für die damaligen «Strassenbauer» war die Steigung östlich der gedeckten Holzbrücke Richtung Hof Wulflingen. Man half sich, indem der Weg in mehreren engen Kehren angelegt wurde. Dieser Aufstieg weist noch heute einige interessante Eigenheiten auf, welche die Zeit überdauert haben. So etwa Reste einer alten Pflästerung unmittelbar hinter dem mächtigen Pfeiler der zweiten Tobelbrücke. Partiell bedecken die Steine augenscheinlich den ganzen Wegstreifen auf einer Breite von über einem Meter, teils sind sie nur entlang des Wegrandes platziert, um diesen zu befestigen. Unverkennbar ist, dass durch Witterung und fehlenden Unterhalt die alte Pflästerung allmählich unter dem Boden verschwindet. Noch vor 20 Jahren war von ihr viel mehr zu sehen als heute. Die recht grob, aber offensichtlich gezielt platzierten Steine gehen stellenweise in Schotter über, weshalb heute nicht mehr verlässlich festgestellt werden kann, wie weit die Pflästerung von Menschenhand angelegt worden ist. Die erste scharfeKehre des östlichen Tobelaufstiegs verläuft als klassischer, recht tiefer Hohlweg, der fast an eine «Natur­rodelbahn» erinnert.

Dieser steile Wegabschnitt östlich der alten Brücke wird heutzutage von Fussgängern weniger frequentiert im Vergleich zu anderen Wanderrouten. Darauf weist nicht nur der Zustand des Weges hin, sondern auch die Begebenheit, dass die Wegeinmündung beim Kopf der zweiten Lorzentobelbrücke mit einem Lattenzaun versperrt und fast nicht mehr sichtbar ist. Besser ausgebaut ist die Fortsetzung oberhalb der zweiten Tobelbrücke. Nach einem Treppchen aus neuerer Zeit neben der Grillstelle verläuft die Route ein weiteres Mal in einem markanten, bis zu zwei Meter tiefen Hohlweg mit Resten einer historischen Pflästerung, ehe der Weg aus dem Wald hinaus auf das offene Wiesland unterhalb Wulflingen tritt. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir Details mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach. Frühere Beiträge finden Sie online unter: www.zugerzeitung.ch/hingeschaut