«Das Stück sorgte für Aufsehen»

Musik

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Das Akkordeon-Orchester feiert sein 80-jähriges Bestehen. Heidi Draeger-Schmitz, die Tochter des Gründers, spricht über die geringe Aufmerksamkeit für das Instrument sowie die Überraschungen am Jubiläumskonzert.

  • Der Chromatisch-Club Zug, Vorgänger des heutigen Akkordeon-Orchesters, anlässlich seiner Gründung im Jahr 1937. Im Hintergrund steht der legendäre Akkordeonpionier Dieter Schmitz. (Bild Archiv Heidi Draeger-Schmitz)
    Der Chromatisch-Club Zug, Vorgänger des heutigen Akkordeon-Orchesters, anlässlich seiner Gründung im Jahr 1937. Im Hintergrund steht der legendäre Akkordeonpionier Dieter Schmitz. (Bild Archiv Heidi Draeger-Schmitz)

Zug – Das Akkordeon-Orchester Zug-Baar ist 80 Jahre alt und ist damit gerade einmal zwei Jahre älter als sein erfahrenstes Mitglied Heidi Draeger-Schmitz. Sie ist die Tochter des Vereinsgründers Dieter Schmitz (siehe Box) und schwang den Dirigentenstab von 1979 bis 2004.

Heidi Draeger-Schmitz, worin unterscheidet sich ein Grossvater, der auf einem Familienfest Handörgeli spielt, vom Akkordeon- Orchester Zug-Baar?

Wir spielen Orchestrationen, beispielsweise von Streichorchestern, und sind deshalb in verschiedene Stimmen unterteilt. Wir betrachten das Akkordeon folglich nicht als Einzelinstrument. Das führt oft zur Frage, warum wir auf den Bässen nicht spielen, wie es bei Einzelspielern üblich ist.

Ist der Eindruck richtig, dass das Akkordeon etwas belächelt wird?

Ja, leider erhält dieses Instrument nicht die gewünschte Aufmerksamkeit.

Woher rührt das?

Man konnte das Akkordeonspielen lang nicht in den Musikschulen lernen. Mein Mann war ab 1985 der erste Lehrer an der Musikschule Zug. Dabei kommt es in verschiedenen Musikrichtungen vor wie Jazz und Tango. Auch ein Grund ist meines Erachtens, dass man ein Klavier für 4000 Franken bekommt, ein gutes Akkordeon nicht unter 10000 Franken. Aber man kann es halt nicht so gut präsentieren wie ein Klavier.

Wird es ein 100-Jahr-­Jubi­läum des Akkordeon-­Orchesters Zug-Baar geben?

Zehn Jahre wird der Verein sicher noch überleben. Ob es für 20 Jahre reicht, bezweifle ich.

Woran liegt es, dass der Verein so wenig Nachwuchs generiert?

Wegzüge und fehlende Zeit im Studium oder Beruf sind die Hauptgründe. Kommt dazu, dass unser Niveau sehr hoch ist. Alle unsere Stücke gehören zur obersten Stufe, das schreckt viele ab. Kürzlich war eine Interessierte in der Probe. Sie stellte fest, dass sie noch ein Jahr üben muss, bis sie so weit ist.

Was erwartet den Besucher am Jubiläumskonzert vom 13. Mai?

Es warten einige Überraschungen auf die Gäste. So spielen die beiden Sergej, Sergej Simbirev auf dem Bajan (osteuropäisches Akkordeon, Anm. d. Red.), Sergey Kondratyev auf der Balaleika. Letzterer ist einer der besten Spieler der Welt und zeigt eine tolle Show. Darüber hinaus lesen Judith Stadlin und Michael van Orsouw ein Hörspiel, das von uns begleitet wird. Unser musika­lisches Herzstück ist die Bauern-Suite. Zu Sequenzen eines Bau­ern­lehrfilms von 1965 spielen wir die dazugehörige vierteilige Suite aus jener Zeit. Damals sorgte dieses Stück, das von meinem Vater und meinem Mann arrangiert wurde, für grosses Aufsehen – es war vielen zu modern. (Interview Raphael Biermayr)

Eine Familienangelegenheit

ORCHESTER. Die Namen Schmitz und Draeger sind über den ­Kanton Zug hinaus bedeutsam in der Akkordeonszene. Dieter Schmitz gründete im Jahr 1937 gleich drei entsprechende Vereine: in Zug, Baar und im Ägerital. Die beiden Stadtvereine fusionierten 1988, im Berg kam es 1977 zu einer Neugründung, nachdem der Klub wegen des Aktivdiensts der männlichen Mitglieder aufgelöst werden musste. Im Kanton Zug gibt es heute neben dem Akkordeon-Orchester Zug-Baar (AOZB) und dem Akkordeon-Club Ägerital noch das Akkordeon-Orchester Risch-Rotkreuz.

Bemerkenswert: Im AOZB ist der Dirigentenstab in den 80 Jahren seines Bestehens immer in Familienbesitz geblieben. Der Gründer Dieter Schmitz reichte ihn an seinen Schwiegersohn Jörg Draeger weiter, der ihn 1976 an Schmitz zurückgab. Im Jahr 1979 übernahm dessen Tochter Heidi Draeger-Schmitz die Verantwortung, 2004 stand deren Tochter Patricia, also die Enkelin des Gründers, an das Dirigentenpult. Seit 2011 schliesslich hat Patricias Bruder Marc Draeger die musikalische Leitung inne.

Das Orchester und damit der Verein umfassen heute 16 Mitglieder – bis auf den Präsidenten Hugo Nicoletti, der nicht Akkordeon spielt, und den Dirigenten sind allesamt Frauen. Das Konzert zum 80-Jahr-Jubiläum findet am kommenden Samstag, 13. Mai, in der Chollerhalle statt. Mehr Informationen zum Programm und zum Vorverkauf erhält man unter www.aozb.ch . (bier)