Wo die Kirche im Dorf bleibt

Dies & Das

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Das Oberägerer Wappen zeigt die Heiligen Petrus und Paulus. Das sind die Patrone der Pfarrkirche. Damit wird deutlich, welche Bedeutung die Institution in der Entwicklung der Gemeinde hatte.

Oberägeri – Mit einem seligen Lächeln im Gesicht rudern die beiden Heiligen, die Hauptfiguren des Oberägerer Wappens, ihr kleines rotes Boot auf dem tiefblauen Gewässer. Kein Wunder, der Ägerisee ist selten richtig stürmisch. So ganz friedlich war Oberägeris Weg zur politischen Gemeinde, zu der auch die Weiler Alosen und Morgarten/Hauptsee gehören, und damit zum eigenen Wappen aber nicht. Die Geschichte ist eng verknüpft mit den Patronen der Oberägerer Pfarrei Petrus und Paulus. Lange bevor Oberägeri eine eigene Pfarrei war, wurde wahrscheinlich 876 die erste Kirche im Tal gebaut. Petrus erschien bereits 1349 auf dem Pfarreisiegel. Paulus kam später dazu. 

Erste Hinweise auf eine Gemeinde der «Talleute von Ägeri» stammen laut dem «Historischen Lexikon der Schweiz» aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Schon damals war die geografische Lage einzigartig: eine räumlich abgeschlossene Landschaft im voralpinen Hochtal, in dessen Zentrum der eiszeitliche Stausee liegt. Von einem Dorf konnte damals aber noch nicht gesprochen werden. Es handelte sich eher um eine Anhäufung von verschiedenen Höfen «ohne sippenhaften Einschlag». So heisst es im «Wappenbuch des Kantons Zug». Dieses «Eigensein» kann dem einen oder anderen Ägerer wohl auch heute noch zugeschrieben werden. Die Ägerer lebten für sich, ohne grossen Durchreiseverkehr, ohne viel Austausch.

Ägeri zwischen Zug und Schwyz

Aus den unterschiedlichen Gehöften entwickelte sich eine gemeinsame Mark. Daraus entstanden nach und nach die obere und die untere Allmendgenossenschaft. Politisch unabhängig waren die Talleute damals noch nicht. Zwischen 1100 und 1400 hatten die Habsburger und das Kloster Einsiedeln das Sagen. 1352 schlossen die Ägerer zusammen mit den anderen Teilen des Äusseren Amts und der Stadt Zug den Bund mit den Eidgenossen. Etwas später setzten sie sich in einem Zehntstreit gegen den Propst des Grossmünsters Zürich durch. Erst 1679 konnte sich das Ägerital aber vom Einsiedler Gotteshausgericht loskaufen. Das wurde bereits 200 Jahre vorher versucht. Es gab allerdings Widerstand von den Schwyzern, und es kam zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit der Stadt Zug. Schon damals waren die sozialen und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Ägerital und Schwyz eng. Die Ägerer waren mittendrin, denn auch bei Zug hatten sie offenbar eine besondere Stellung, wie es im «Historischen Lexikon der Schweiz» heisst. Wenige Jahrzehnte nach diesen Streitigkeiten trennte sich die Talpfarrei, die sich von der Biber bis zum Zugerberg erstreckte, auch politisch von Zug. Das erste bekannte Siegel der Gemeinde Ägeri stammt aus dem frühen 18. Jahrhundert. Es zeigt beide Apostel und nicht mehr nur Petrus. Neben den Heiligen ist auf dem Siegel ein Wappenschild mit zwei bemannten Segelschiffen auf dem See zu erkennen. Das heutige Wappen entstand aus der Verbindung dieser zwei Elemente.

Unterägeri trennte sich schliesslich 1714 von der Mutterpfarrei und wurde 100 Jahre später auch eine selbstständige politische Gemeinde. Veränderungen brachte im Tal der um 1900 einsetzende Fremdenverkehr mit Konzentration auf Kurhäuser und Kinderheime und später der Bau der Lorzentobelbrücke und der Strassenbahn. Vorbei war die Zeit der Abgeschlossenheit.

Zwei Gemeinden, ein Wappen

Dass sich die Wappen der beiden Ägeritaler Gemeinden derart gleichen – in Unterägeri ist ein unbestimmter Steuermann mit einem Segelschiff unterwegs –, erstaunt wohl nicht. Diese Ähnlichkeit und die gemeinsame Geschichte der beiden Dörfer animierten denn auch zu einer Neuinterpretation. So entwarf ein Unterägerer vor rund einem Jahr ein neues, gemeinsames Ägeri-Wappen. Es zeigt eine Kombination: Eine Frau und ein Mann sitzen gemeinsam in einem Motorboot auf dem Ägerisee. (Carmen Rogenmoser)