Ein Leben für die Kunst

Kunst & Baukultur

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Ruth Cécile Hürlimann zeigt in der Altstadthalle eine Auswahl aus ihrem umfangreichen künstlerischen Werk. Es ist über sechs Jahrzehnte entstanden.

  • Ruth Cécile Hürlimann lebt und arbeitet in der Provence. Für ihre Retrospektive ist sie zurück in der Heimat. (Bild Stefan Kaiser)
    Ruth Cécile Hürlimann lebt und arbeitet in der Provence. Für ihre Retrospektive ist sie zurück in der Heimat. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – «Solange ich einen Pinsel halten kann, werde ich nicht aufhören», sagt Ruth Cécile Hürlimann lachend. Aber wenn jemand noch eine Ausstellung von ihr wolle, müsse er alles selber organisieren. Denn für ihre jetzt laufende Retrospektive in Zug habe sie rund sechs Stunden im französischen Goult allein den Camion laden müssen, bevor er in die Schweiz gefahren worden sei.

Seit letzten Freitag ist nun eine Auswahl aus dem grossen OEuvre der 78-jährigen Künstlerin in der Altstadthalle zu sehen. Es ist chronologisch geordnet, beginnend im Dachstock 1955, mit Arbeiten von der früheren Kunstgewerbeschule Luzern, wo in den Studien und Porträts das Talent der Zugerin bereits aufscheint, und reicht bis heute.

Aufbruch nach Paris gab Impulse

«Ich hätte lieber Musik studiert. Sowieso, wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt», resümiert Ruth Cécile Hürlimann inmitten ihrer neueren Werke und erzählt, dass sie aber nach dem einjährigen Vorkurs von der Kunst gepackt worden sei. Damals sei eine strube Zeit gewesen. «Ich musste mich daheim durchboxen, mein Vater konnte sich keinen Kunstberuf vorstellen.» Erst die Intervention des Direktors half ihr, und die Zugerin durfte Grafikerin werden.

Nach wenigen Jahren in einer Zürcher Werbefirma zog es sie nach Paris, wo sie Arbeit fand und rund fünf Jahre blieb. «Die freie Kunst habe ich immer nebenher gepflegt, doch ich musste auch Geld verdienen.» Einige Exponate mit surrealistischen Motiven dieser Epoche sind im zweiten Stock zu sehen. Hier sind zudem Originale der von ihr illustrierten Kinder- und Märchenbücher ausgestellt, für die sie internationale Auszeichnungen erhielt. «Dazu habe ich damals viele Märchen- und Kindergeschichten gelesen. Eine tolle, aber strube Zeit.»

Nur kurz kehrte Ruth Cécile Hürlimann in die Schweiz zurück, dann zog es sie wieder nach Frankreich, aber in die Provence. «Dort gibt es wirklich ein besonderes Licht. Im Sommer ist es wahnsinnig hell, und am Abend leuchten die Farben auf.» Obwohl sie sensibel auf Landschaften sei, habe es sie zur freien Malerei gezogen. «Das war immer mein Ziel. Ich musste mich auch vom starken Einfluss meines ehemaligen Lehrers Max von Moos lösen, der eher eine pessimistische Weltsicht vertrat, und meinen eigenen Weg suchen. Im Grundwesen bin ich nämlich positiv», so die Künstlerin. Natürlich habe es auch Krisen gegeben.

Die Idee für die Stillleben, die ihr späteres Werk dominieren, sei auf einer Messe für moderne Kunst in Bologna gekommen. «Vorher habe ich mich an realistische Stillleben nicht herangetraut. Wie sich in der Altstadthalle zeigt, hat Ruth Cécile Hürlimann inzwischen in dem Genre einen eigenen Stil entwickelt.

Fundstücken neues Leben eingehaucht

Bei ihr sind jedoch keine Früchte oder Blumen dargestellt, sondern spielerisch arrangierte Gegenstände – oft sind es Fundstücke und immer wieder Papier, gekräuselt oder gefaltet. «Für die Motive baue ich ein Bühnenbild von rund 30×30 Zentimetern auf. Ich habe ein gutes Auge, es ist kein Problem, das Sujet gross zu malen», sagt sie und verweist auf die Öl­bilder, von denen das grösste 210×230 ist. Daneben fallen ihre quadratischen «Assemblagen» auf, wo kuriose Fundstücke zu originellen Motiven arrangiert sind. «In den Jahren habe ich so viel gesammelt und müsste einiges wegräumen, aber das wollte ich nicht», sagt sie mit Schalk. «Das ist mein Amusement, der Spass des Künstlers, denn auf der anderen Seite ist der Lebenskampf nicht einfach.» Ruth Cécile Hürlimann wünscht sich: «Ich wäre stolz, wenn ein Zuger Museum meine Kunst akzeptieren würde.» (Monika Wegmann)

Hinweis
Ruth Cécile Hürlimann – «Retrospektive von 2017 bis 1955» bis 21. Mai in der Altstadthalle Zug. Offen 13–19 Uhr, Sa/So 11–17 Uhr: Die Künstlerin ist jeweils anwesend.