«Er war ein Vorreiter»

Kunst & Baukultur

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Zum ersten Mal wird das Gesamtwerk des Zuger Malers Emil Dill (1861–1938) fassbar – im Rahmen einer Retrospektive.

  • Neben einer repräsentativen Auswahl an Dill-Bildern sind in Vitrinen weitere Exponate aus dem Leben und Schatten des Zuger Künstlers zu sehen. (Bild Andreas Faessler)
    Neben einer repräsentativen Auswahl an Dill-Bildern sind in Vitrinen weitere Exponate aus dem Leben und Schatten des Zuger Künstlers zu sehen. (Bild Andreas Faessler)

Zug – Hier zeigt sich, wie einflussreich der Künstler zu Lebzeiten war. Der Kurator wünscht sich, dass Dill endlich den Platz kriegt, den er verdient.

Es ist nicht nur eine Ausstellung, nicht nur eine Retrospektive oder eine Hommage an einen schaffenskräftigen Künstler. Es ist dessen lange überfällige Auferstehung mit dem dringend zu erfüllenden Anspruch auf die ebenso überfällige Anerkennung: In der Shedhalle an der Hofstrasse 15 ist derzeit eine grosszügige Auswahl an Werken des Zuger Malers Emil Dill (1861–1938) zu sehen, welche die ganze Bandbreite dieses Ausnahmekünstlers repräsentativ abbildet.

Die hallenfüllende Werkschau ist durch das Engagement des Zuger Kunsthistorikers Georg M. Hilbi zu Stande gekommen. Hilbi hat innerhalb von zwei Jahren zwei grosse Emil-Dill-Kunstbände publiziert. Einmal über die Person des Künstlers und sein gemaltes Werk und einmal über Dill als Chronist und Illustrator, der als aufmerksamer Beobachter des Zeitgeschehens auch die Satire im Kontext mit Kunst grundlegend geprägt hat. So zeigt die Ausstellung zusätzlich in grösserem Umfang Dills scharfe Karikaturen zu gesellschaftlichen Ereignissen und Zeitfragen, die uns sehr wohl auch heute noch beschäftigen. Dills bissige Zeichnungen sind einst wie jetzt so aktuell wie originell. Dill fand sich mit den gefeierten Persönlichkeiten der Schweizer Kunstszene der Jahrhundertwende auf Augenhöhe, war mit den klingendsten Namen freundschaftlich eng verbunden und genoss deren hohe Wertschätzung. In einer Vitrine in der Ausstellungshalle zeugen kostbare Exponate eindrücklich davon: Widmungen und Anerkennungsgrüsse von Giovanni Giacometti, Cuno Amiet oder Emil Beurmann. Von einigen wurde Dill selbst porträtiert. Im Fundus befinden sich auch ein grosses Studienbuch des Zugers sowie Kunstgegenstände und Einrichtungs­objekte aus Dills Umfeld.

Ein aufmerksamer Streifzug durch die grosse Dill-Ausstellung lässt den illustren Zuger in seiner stilistisch-schöpferischen Bandbreite eindrucksvoll erfassen. ­Einige Exponate anderer Künstler wie Giacometti, Vallotton oder Potthof erlauben Vergleich und Gegenüberstellung vor Ort.

Mehrere von Dills Ölbildern sind noch dem romantischen Stil des 19. Jahrhunderts verpflichtet. Allein das Porträt der «Dachauerin» im Profil – ein Frühwerk – lässt ein einigermassen kunst­affines Auge erkennen, wie sehr Dill sein Handwerk verstanden hat. Oder die Bilder seiner Familienmitglieder, die Nacktstudien, Rötelzeichnungen, Selbstpor­träts und Stillleben – sie demonstrieren, was hinter dem Begriff «Kunst» steckt: Können.

Historisch-dokumentarisch sehr wertvoll

Auch eine grosse Fülle an Aquarellen unterschiedlicher Formate reihen sich an den Stellwänden in der Shedhalle. Hier zeigt sich Emil Dill besonders facettenreich – von der einfachen, bereits leicht abstrahierten Landschaft über impressionistische Botanik bis hin zur detailgetreuen Vedute. Letzteres macht das Werk Emil Dills auch historisch-dokumentarisch besonders für die Stadt Zug ausserordentlich wertvoll. Dill hat Ansichten der Stadt und ihrer Quartiere auf Blatt gebannt, wie sie der Nachwelt auf kaum eine andere Weise überliefert sind. Seine Aquarelle sind für Zug unersetzliche Zeitdokumente, zuweilen authentischer als manche Schwarz-Weiss-Fotografie.

«Er war wohl der bedeutendste Schweizer Landschaftsmaler seiner Zeit und ein Vorreiter in der Geschichte der Schweizer Malerei», sagt Georg Hilbi über Emil Dill. Er stuft ihn als prominenten und wichtigen Künstler ein. «Ich möchte ihm den Platz geben, den er verdient.» Mit der grossen, aufwendig gestalteten Retrospektive in der Shedhalle wird der Zuger Maler Emil Dill erstmals richtig fassbar. Seit die Ausstellung läuft, hat Kurator Hilbi festgestellt, dass das Interesse an Emil Dill sehr wohl da ist.

Die Retrospektive an der Hofstrasse dauert noch bis Samstag, 3. Juni. Geöffnet ist sie jeweils Mittwoch und Freitag von 17 bis 20 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr. (Andreas Faessler)

Hinweis
www.emil-dill-ausstellung.ch