Schau, Anna, das hier ist der Kirchenstifter

Dies & Das, Brauchtum & Geschichte

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Auf einem Ölgemälde hat sich der Zuger Bauherr von St.Oswald verewigen lassen – er lässt sich dabei gleich in höchste Kreise einführen. Die malerische Qualität des Stifterbildes fällt ins Auge. Schade, ist nicht überliefert, welcher Meister dahinter steckt.

  • Hochwertige Kunst aus dem späten 15. Jahrhundert: Das Stifterbild zu St. Oswald hängt über der Tür zum Turm. Es handelt sich um eine Kopie. Das kostbare Original befindet sich gegenüber im Museum Burg Zug. (Bild Matthias Jurt)
    Hochwertige Kunst aus dem späten 15. Jahrhundert: Das Stifterbild zu St. Oswald hängt über der Tür zum Turm. Es handelt sich um eine Kopie. Das kostbare Original befindet sich gegenüber im Museum Burg Zug. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Eigentlich hätte das Gemälde einen prominenteren Platz verdient, handelt es sich doch um ein Werk von höchster künstlerischer Qualität und Bedeutung für die Kirche St.Oswald. Platziert ist es im Chorraum über der Tür zum Turm, vom Schiff aus kaum wahrnehmbar. Es handelt sich um ein 44 mal 55 Zentimeter grosses gerahmtes Tafelbild mit einer bemerkenswerten Szene: In der linken Hälfte sitzt Anna Selbdritt, kunsthistorisch definiert als die heilige Anna, die gemeinsam mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind dargestellt ist. Zu Annas Linken steht der Kirchenpatron Oswald im Harnisch und mit einem Raben. Er deutet auf einen knienden Mann im Priestergewand. Bei diesem handelt sich um ein wohl authentisches Bildnis des Kirchenbauherrn Magister Johannes Eberhardt (1435–1497). Den Eberhardts gehörte die Burg Zug. Johannes, seit 1468 Pfarrhelfer, initiierte im Jahre 1477 auf dem angrenzenden Grundstück den Kirchenbau und zeichnete auch gleich für dessen gesamte Organisation verantwortlich. Akribisch führte er Buch zu den von Baumeister Johannes Felder ausgeführten Arbeiten und den verwendeten Geldern. Ab 1480 war Eberhardt Stadtpfarrer. Es ist davon auszugehen, dass er auch das Oswaldspatrozinium für «seine» Kirche eigenhändig gewählt hat.

1492 liess Eberhardt die ursprünglich als einschiffiger Bau geplante Kirche um die beiden Seitenschiffe erweitern. Im selben Jahr entstand das Stifterbild, um das es in diesem Beitrag geht. Leider hat Eberhardt nicht festgehalten, wer der begnadete Meister ist. Der Kunsthistoriker Linus Birchler (1893–1967) zieht unter Vorbehalt den zu jener Zeit nachgewiesenen Zuger Maler Jörg Umuot (Unmut) in Erwägung, welcher ein um 1519 vermutlich für die Kirche St.Wolfgang bei Hünenberg entstandenes Altarbild geschaffen hat, das sich stilistisch und qualitativ allerdings deutlich zum Zuger Stifterbild unterscheidet. Eine Zuschreibung bleibt daher bis heute offen.

Aber warum wird Magister Johannes Eberhardt durch den Kirchenpatron der Anna Selbdritt vorgestellt und nicht der Gottesmutter oder dem Gottessohn? Birchler begründet es damit, dass vor dem Bau der Oswaldskirche auf eben dem Grund ein kleines Heiligtum existiert hatte, welches Anna Selbdritt geweiht gewesen war.

Das Ölgemälde ist erstaunlich detailreich. Alle drei Hauptdarsteller haben einen Gegenstand vor sich liegen: Anna Selbdritt einen Apfel als Symbol für die wunderbare Fruchtbarkeit Annas und Marias, Oswald seinen Helm und Magister Johannes Eberhardt ein aufgeschlagenes Messbuch. Im Hintergrund links lesen Personen Äpfel unter einem Baum auf, sie gehören offenbar zur Heiligen Sippe. Im Hintergrund rechts ist eine Umfriedung mit Turm und Menschen zu sehen, ausserhalb davon eine nicht näher definierte Stadtansicht. Das prächtige Tafelbild ist in einem Rahmen gefasst, welcher aufwendige Flachschnitzereien aufweist, wie sie in der Spätgotik verbreitet waren. Es kann angenommen werden, dass Rahmen und Gemälde seit jeher zusammengehört haben.

Durch eine Kopie ersetzt

Das museale Kunstwerk aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert ist zu wertvoll, um es ungesichert in der Kirche hängen zu lassen. Deshalb ist das originale Stifterbild bereits vor Jahrzehnten ins Museum Burg Zug verbracht und durch eine Kopie ersetzt worden. Diese wirkt allgemein deutlich matter in der Farbigkeit als das Original. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.