Jede Installation ein Experiment

Kunst & Baukultur

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Es sind neue, noch nie in der Schweiz präsentierte Arbeiten von Roman Signer, die das Kunsthaus ab heute zeigt. Der Künstler testet, wie es ist, durch ein Auto mit einer Drohne zu fliegen und einen Rasenmäher mit einer Glocke korrespondieren zu lassen.

  • Roman Signer vor einer seiner aktuellen Installationen im Kunsthaus Zug, die sechs Kajaks liess er mit einem Helikopter durch die Lüfte fliegen. (Bild Stefan Kaiser)
    Roman Signer vor einer seiner aktuellen Installationen im Kunsthaus Zug, die sechs Kajaks liess er mit einem Helikopter durch die Lüfte fliegen. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Ein Kleinbus fährt durch die malerische Landschaft des Appenzellerlands. Die Kamera aber fokussiert sich auf den Innenbereich des Wagens. Hinten drin sitzt der Schweizer Aktionskünstler Roman Signer – inzwischen stolze 81 Jahre alt –, der eine Drohne vor sich her fliegen lässt. Es ist nicht einfach, sie auf Kurs zu halten, doch Signer –Helm auf dem Kopf und beide Hände am Steuerpult – gelingt es. Bis die Fahrt dann fertig ist und auch die Drohne abstürzt.

Man weiss nicht, an was man denken soll: an amerikanische Drohnenpiloten, die ihre Drohne plötzlich beim Einsatz physisch begleiten müssen? Es ist wie immer bei Signers Werken; sie erklären sich gerade so weit, dass es die Fantasie anzuregen vermag. Ursprünglich habe er ja geplant, den Drohnenflug in einem Helikopter – vielleicht einem Super Puma – durchzuführen, verrät Signer bei der Präsentation seiner Ausstellung, «das hat aber niemand mitmachen wollen». Ob das im Kleinbus denn legal gewesen sei? «Vermutlich nicht», sagt er schulterzuckend, «aber das ist Kunst.»

Stille Aspekte im Leben des Künstlers

Zwei Videoprojektionen beinhaltet die zweite grosse Einzelausstellung Signers im Kunsthaus Zug nach jener im Jahr 2009. Auf Wunsch des Künstlers bleiben die anderen Wände weiss. Und die Installationen – mal gross, mal klein – spielen sich im jeweiligen Zwischenraum ab. Das eine Video zeigt die Drohnenfahrt, auf dem anderen ist Signer zu sehen, wie er Schiesspulver in einem Fass entzündet. Auf dem Fass befinden sich ein Ball und eine Drohne. Es sei überraschend, wie ruhig die Drohne trotz der Explosion noch gelandet sei, so Signers Fazit. Mit «Knall, Bumm, Peng!», wurde auch einmal das Motto des international gefragten Aktionskünstlers aus Appenzell beschrieben. Die aktuelle Ausstellung aber zeigt nach Einschätzung von Kunsthausdirektor Matthias Haldemann vor allem stille Aspekte in Signers Leben. Da ist beispielsweise ein Rasenmäherroboter, der innerhalb eines abgesteckten Bereichs seine Runden dreht. Und den man durchs Fenster auch von der Strasse beobachten kann. In der Mitte hängt eine Glocke. Man hat sich schon an die sonoren Geräusche gewöhnt, als der Roboter die Glocke dann doch einmal trifft. Kurz zuckt man zusammen. Was war das? Vielleicht ein Zeichen der Vergänglichkeit? Denn für diese, für das Prozesshafte, steht die Ausstellung laut Haldemann auch – im Einklang mit dem Museum, das sich ebenfalls im Fluss befinde. Leise daher kommen auch die sechs Kajaks, die aber eine abenteuerliche Reise hinter sich haben. Signer liess sie übers Rheintal fliegen.

Es sind in der Schweiz bisher noch nicht gezeigte Werke Signers, die nun in Zug zu sehen sind. Mit der Kolinstadt hat Signer sowieso eine intensive Verbindung. Hier lebten Christine Kamm-Kyburz und Peter Kamm. Durch die grosszügigen Schenkungen der inzwischen verstorbenen Sammler und Schenkungen des Künstlers selbst verfügt das Kunsthaus über eine umfassende Signer-Sammlung. In Zug ist auch seine begehbare Skulptur «Seesicht» zu erleben.

Leise oder einfach akribisch?, fragt man sich bei Signers aktueller Ausstellung. Er bewegt sich zwischen Chaos und Ordnung. «Die Ordnung im Chaos», wie er selbst sagt. Exemplarisch dafür ist der runde Raum, das Finale der Ausstellung: An der Wand führt eine Schiene entlang, die Signer einbauen liess, die Spraydose befestigte er an einem Reifen, so dass ein klares Muster an der Wand zu Stande kam. Oder die zwei Regenschirme, die Signer auf Island zusammengesetzt hat. Nicht verbunden, seien sie sofort davongeflogen.

Keine Angst vor Farben

Immer wieder sind in der Ausstellung auch Drohnen zu sehen, mit Pinseln dran beispielsweise, so entstanden Bilder mit Farbtupfern. «Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau?» – so heisst ein berühmtes Bild von Barnett Newman. «Ich nicht», so Signer. Entsprechend sind Tupfer in diesen Farben zu sehen. Entstanden sind die Bilder in Antwerpen. Früher habe er oft Helikopter als Werkzeuge benutzt, erklärt Signer. Drohnen, die würden aber viel mehr Einsatzmöglichkeiten bieten. Irgendwann könne man z’Berg gehen und wenn etwas passiere, käme innert kürzester Zeit eine Drohne mit der passenden Spritze vorbei.

Man denkt bei diesem Beispiel wieder an den Kleinbus zurück, wie Signer akribisch dafür sorgt, dass die Drohne auf engstem Raum weder zu tief noch zu hoch fliegt. Schon hat sie Spuren hinterlassen, seine Kunst. (Christopher Gilb)

Hinweis
Die Ausstellung ist vom 25. Mai bis 15. September im Kunsthaus Zug zu sehen.