Die Geissel behält er in der Hand

Brauchtum & Geschichte

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Über 20 Jahre hat Pirmin Achermann die Klausengesellschaft präsidiert. Jetzt gibt er das Amt ab. Während seiner Zeit als Vereinspräsident galt es, so manchen «alten Zopf» abzuschneiden.

  • Der alte und der neue Präsident: Pirmin Achermann (links) und sein Nachfolger Arno Rätz posieren vor der Generalversammlung fürs Foto. (Bild Maria Schmid)
    Der alte und der neue Präsident: Pirmin Achermann (links) und sein Nachfolger Arno Rätz posieren vor der Generalversammlung fürs Foto. (Bild Maria Schmid)

Rotkreuz – Wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen fallen, rückt sie näher: die Zeit, in der der Samichlaus wieder um die Häuser zieht und kunstvolle Iffelen die Nacht erhellen. In Rotkreuz begeht die Bevölkerung den Brauch des Chlaus-Umzuges bereits seit 52 Jahren. Nach dem Vorbild des bekannten Klausjagens in Küssnacht am Rigi fand in der Ennetseegemeinde im Jahr 1966 der erste Umzug statt.

Zu dieser Zeit war Pirmin Achermann noch nicht auf der Welt – doch schon als Primarschüler nahm der heute 47-Jährige zum ersten Mal an einem Umzug teil. Im Alter von 16 Jahren wurde er Mitglied der Klausengesellschaft Rotkreuz und Umgebung und ist dem Verein bis heute treu geblieben. Ganze 21 Jahre hat Achermann die Klausengesellschaft präsidiert. Nun hat er das Amt abgegeben: An der Generalversammlung von letzter Woche wurde Arno Rätz zum neuen Präsidenten gewählt.

Aufschwung dank 50-Jahr-Jubiläum

Der rund 180 Mitglieder zählende Verein besteht aus fünf «Untergruppen»: der Chlausgruppe (Samichlaus mit Schmutzlis), den Trychlern, den Geisslechlöpfern, den Iffelenträgern und den Musikanten. Pirmin Achermanns Herz schlug stets für das Geisslechlöpfen. Bevor er ins Amt gewählt wurde, war es Usus, dass das Präsidium in den Händen eines Trychlers lag. Das ist nicht der einzige «alte Zopf», den der engagierte Rotkreuzer abgeschnitten hat, als er das Präsidium übernahm. «Früher, als das Zentrum von Rotkreuz noch nicht so dicht besiedelt war, sind die Trychler und Geisslechlöpfer die ganze Nacht durch die Strassen gezogen», blickt Achermann zurück. Die Zeiten haben sich geändert. «Heute gilt es, dass ab 2 Uhr gemässigt getrychelt wird, und auch für das Geisslechlöpfen wurden genaue Zeiten für die Vor-Klausenzeit abgemacht.» Nicht alle waren einverstanden mit diesen Regelungen, doch Pirmin Achermann hat stets eine pragmatische Haltung vertreten: «Es galt, einen Konsens zu finden. Früher gab es Reklamationen, zum Teil sogar anonym. Seit wir die Abmachungen haben, gibt es selten Probleme.»

Mit Nachwuchsproblemen hat die Klausengesellschaft zurzeit nicht zu kämpfen. «Das 50-Jahr-Jubiläum 2016 hat uns viele Neumitglieder gebracht», freut sich der abtretende Präsident. Dass sich die Mitgliederzahlen nach oben entwickelt haben, hat einen weiteren Grund. An der Generalversammlung 2009 hat der Verein beschlossen, die Iffelen- sowie die Musikantenabteilung auch für Frauen zu öffnen. Zu Beginn von Achermanns Amtszeit hatte eine Gruppe Frauen mit angeklebten Bärten am Trychler-Umzug teilgenommen – und sich erst danach zu erkennen gegeben. «Das sorgte für böses Blut», erinnert sich Achermann. Die Diskussion habe sich aber nach dem Entscheid, Frauen teilweise zuzulassen, beruhigt. «Heute ist die Hälfte der Teilnehmer der Iffelenkurse weiblich.» Das Geisslechlöpfen und Trychlen am Umzug bleibt hingegen bis heute reine Männersache. «Wenn aber ein Mädchen einen Chlöpferkurs besuchen will, ist sie natürlich willkommen.»

Der Sohn ist bereits ein kleiner Geisslechlöpfer

In all den Jahren hat Pirmin Achermann, der bei der Firma Haba AG in Cham als Verkaufsleiter tätig ist, nur einen einzigen Umzug verpasst. Er wird auch weiterhin mit seiner Geissel teilnehmen, das nächste Mal ist es am Samstag, 1. Dezember, so weit. Jeder Umzug ist für ihn einzigartig, die Stimmung jeweils einmalig. «Es gibt Leute, die aus Rotkreuz weggezogen sind, und extra für den Umzug hierher zurückkommen.» Nach dem eigentlichen Umzug durchs Dorf lösen sich die Untergruppen voneinander und ziehen separat weiter. «Das gibt immer eine ganz besondere Dynamik», erzählt Achermann.

Das Einvernehmen im Verein sei sehr gut, ergänzt er. «Es haben sich viele Freundschaften entwickelt.» Etwa mit der Trychlergruppe O sole mio, die aus dem Club Noi heraus entstanden ist und aus italienischen Secondos besteht. «In der Zwischenzeit sind diese ‹Rotkreuzer› ein fester Bestandteil des Vereins.» Pirmin Achermann übergibt den Verein mit Freude und einem sehr positiven Gefühl an eine neue Generation. Selber will er weiterhin am Umzug dabei sein, «solange ich kann». Seine Leidenschaft, die er auch mit seiner Frau Mary, einer Küssnachterin, teilt, hat bereits den Nachwuchs angesteckt: Der 6-jährige Sohn Linus besitzt schon eine eigene Geissel und besucht die vom Verein organisierten Chlöpferkurse im Rotkreuzer Sportpark. Eines seiner grössten Geschenke zum Abschied seiner Amtszeit, nebst der Ernennung zum Ehrenpräsidenten, habe ihm die Gemeinde Risch gemacht – mit dem Porträt der Klausengesellschaft in der Vorlage zur nächsten Gemeindeversammlung. (Rahel Hug)

Hinweis
Weitere Infos gibt es unter www.klausenrotkreuz.ch