Seine Kunstwerke müssen rosten

Kunst & Baukultur

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In der Galerie Urs Reichlin ist derzeit eine Doppelausstellung zu sehen: Der Eisenplastiker Iwan Luginbühl zeigt bewegliche Skulpturen und Reinhard Fluri neue Malereien.

  • Alles im Gleichgewicht: der Eisenplastiker Iwan Luginbühl. (Bild Werner Schelbert)
    Alles im Gleichgewicht: der Eisenplastiker Iwan Luginbühl. (Bild Werner Schelbert)

Zug – «Sie ist immer in Bewegung, die kleine Gefleckte», sagt Iwan ­Luginbühl vor einer seiner neuen eisernen Plastiken. In bestimmten Zeitimpulsen schwingt deren Kopfteil sanft hin und her. Die kleineren und grösseren Plastiken des in Schüpfen BE lebenden Eisenplastikers sowie die Malereien des Solothurners Reinhard Fluri sind derzeit in der Galerie Reichlin in Zug zu sehen.

Früher arbeitete Iwan Luginbühl (55) mehr mit kubistischen Formen, die neuen Werke weisen rundere auf. Manche Plastiken sind figurativ, bei anderen kommen einem Fabelwesen in den Sinn. Iwan Luginbühl – Sohn des Künstlers Bernhard Luginbühl – lacht. «Ja, meine Figuren sehen aus wie Menschen, Tiere oder Monster, wie hier der Mangler mit seinen verschiedenen Augen, die immer wieder ihre Position wechseln.» Als Kind habe er Monster aus Keramik geschaffen, seine Mutter war Keramikerin. «Mein Vater hat mich motiviert, auf Eisen umzusteigen. Mein Götti war Jean Tinguely. Da war es für mich anfangs schwierig, einen eigenständigen Stil zu finden.» 

Die Technik weiterentwickelt

Doch das ist ihm gelungen, denn etwas unterscheidet Iwan Luginbühls Eisenplastiken von denen seiner grossen Vorbilder: Er hat die Bewegungstechnik weiterentwickelt und ausgefeilt. «Meine Eisenfiguren kommen ohne Elektromotor aus. Sie funktionieren lautlos mit Kugellagern und Magneten, die kleine Impulse weiterleiten. Damit das klappt, muss – wie bei einem präzisen Uhrwerk – alles im Gleichgewicht sein, denn es wird nur wenig Kraft eingesetzt, die Maschine hat keinen Motor. Der Impuls wird von einem Timer gesteuert», erklärt Luginbühl mit einem gewissen Stolz. 

Wichtig sei auch, dass jede Plastik ganz gerade stehe. «Notfalls muss der Boden nivelliert werden», ergänzt er und zeigt auf eine grössere Arbeit in der Ausstellung, wo genau dies nötig war. Die technische Raffinesse habe mit seinem Beruf als Elektromonteur zu tun. Dort habe er sich das nötige Fachwissen angeeignet. Ausserdem sei er ein Traktorenfan, den ganz besonders die Mechanik interessiere.

Wenn er eine Plastik beginnt, fange er jeweils mit dem Sockel an. Nein, einen Plan gebe es nicht. «Im Kopf überlege ich, wie sie sich bewegen soll. Das Spektrum ist beschränkt, die einzelnen Teile müssen gewichtsmässig nach allen Seiten ausgeglichen sein», erklärt Luginbühl. Nachher lasse er das Blech oder Eisen rosten, indem er das Material immer wieder mit Wasser benetze, zuletzt werde das Werk gewachst. «Meine Arbeiten eignen sich ­jedoch nur für den Innenraum.»

Sobald er über seine Arbeitsweise spricht und erklärt, kommt seine Begeisterung und Leidenschaft zum Ausdruck. «Aber das ist eine Drecksarbeit, die ich fast jeden Tag leiste», sagt er lachend und zeigt seine Hände. Im Grunde will er jedoch gar nichts anderes machen. Auch wenn er nur an wenigen Ausstellungen teilnimmt, habe er genug zu tun. Denn neben der künstlerischen Tätigkeit betreut er zusammen mit seiner Familie den Stiftungspark Mötschwil bei Burgdorf: «Dort sind rund 400 Arbeiten meines Vaters zu sehen. Wir pflegen aber auch die Bäume und Pflanzen. Für einen Besuch muss man sich anmelden.» 

Landschaften und Surrealistisches

Viel Beachtung wird in der Ausstellung ebenso den Malereien von Reinhard Fluri (56) geschenkt. Er zeigt naturalistische Landschaften aus den Bergregionen und surrealistische Motive, alles präzis in Acryl mit Öl auf Holzplatten gemalt. «Ich beziehe die Struktur des natürlichen Materials mit ein, das ergibt trotz der verschiedenen Schichten einen zusätzlichen Reiz», sagt der Künstler. Hierbei weist er auf das erst kürzlich geschaffene Bild «Laurence» hin, das den Namen seiner Frau trägt, mit der er viele Wanderungen unternimmt. Das stimmungsvolle Motiv hat er im Lötschental entdeckt. Es zeigt ein im Sonnenlicht schimmerndes Gewässer, aus dem Steine und Alpengräser herausragen. «Das ist ein wunderbarer Ort. Doch ich male nicht in der Natur, sondern dokumentiere die Situation mit Aufnahmen und Skizzen, das Bild entsteht im Atelier», erklärt Fluri. Weil der Malprozess sehr aufwendig sei, arbeite er nicht nur an einem Bild. 

Zurzeit schaffe er in zwei Welten, der gegenständlichen, in der er meditative Stimmungen umsetze, daneben fasziniere ihn aber genauso das Fantastische und Surreale. Reinhard Fluri, der von sich selber sagt, er sei ein Spätzünder, hat die Kunstschule besucht und inzwischen an zahlreichen Ausstellungen teilgenommen. Seine Malereien faszinieren, weil ihnen der Zauber der Natur innewohnt. (Monika Wegmann)

Hinweis
Die Ausstellung von Iwan Luginbühl läuft bis 9. Juni, die von Reinhard Fluri bis 12. Mai, beide in der Galerie Urs Reichlin, Baarerstrasse 133, Zug. Die Öffnungszeiten: Mi, Fr 10.15-18.15 Uhr, Do 10.15-21 Uhr, Sa 10.15-16.15 Uhr.