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Kunst & Baukultur

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Die junge Hagendorner Künstlerin Sira Trinkler überrascht mit ihrem beeindruckenden Talent für den Fotorealismus.

  • Der Entstehungsprozess kann sich hinziehen: Sira Trinkler arbeitet fotorealistisch. (Bild: Christian Herbert Hildebrand)
    Der Entstehungsprozess kann sich hinziehen: Sira Trinkler arbeitet fotorealistisch. (Bild: Christian Herbert Hildebrand)

Hagendorn – Der mächtige Kaffernbüffel ist noch nicht fertig gezeichnet, etwa zu zwei Dritteln füllt er das Papier auf der Staffelei. Die Ausmasse des Horns und das zottige Fell, indem sich klitzekleine Lebewesen aufhalten – etwa ein Leopard, ein Vogel mit Nest, Schnecken und sogar ein Miniatur-Kletterer – sind auf dem weissen Malgrund bereits gut erkennbar. Aber auch die unzähligen feinen Striche, die hell und dunkel für die Proportionen des Tiers sorgen.

Bis jetzt hat Sira Trinkler an diesem fotorealistischen Werk rund 90 Stunden gearbeitet, sie braucht viel Geduld, rechnet mit weiteren rund 50 Stunden bis zur Fertigstellung. Der Grund ist ihre Technik: «Ich male mit den feinsten 0.2-Bleistiften, die ich gefunden habe. Das ist ein schönes Material, dynamisch einsetzbar», sagt die 23-jährige Künstlerin an der Vernissage vom vergangenen Freitag bei der Casco AG an der Zugerstrasse 39 in Cham.

Im kurzen rassigen Hosenanzug demonstriert sie den staunenden Gästen, wie sie mit feinsten Strichen die Zeichnung nach einer von ihr erstellten Fotomontage hinzaubert: «Ich arbeite gerne mit Mixed Media, so kann ich mit Foto und Zeichnen alles auf eine Ebene bringen. Zum Teil stimmt auf dem Foto die Belichtung nicht, das kann ich mit dem Zeichnen ausgleichen. Und eine Zeichnung hat nicht die gleiche Wirkung wie ein Foto. Ich wünsche mir, dass die Menschen das Bild länger anschauen und Spass dran haben.»

Originale und Drucke im Schaufenster

Als Trilogie sind neben dem Büffel die Zeichnungen eines Elefanten und eines Nashorns geplant, womit noch viel Arbeit auf Sira Trinkler wartet. Engagiert verweist sie darauf, dass diese drei Tiere zu den fünf meist gejagten Afrikas gehören. Im Schaufenster sind weitere Werke von ihr ausgestellt: Zeichnungen und Drucke, wie ihr allererstes, der mit Farbstiften gemalte Eisvogel.

In den Anfängen entstand auch der mit Fineliner gemalte Tannenzapfen, in dem man erst bei genauem Hinsehen kleine Lebewesen ausmacht. «Das ist im Siebdruck eins meiner ersten grossen Werke, denn das Original ist kleiner», sagt sie. So wie die mit Farbstiften gezeichneten Flaschen mit Honig und Bier. Zu den Bleistiftzeichnungen gehören auch «Geminus», «w» – die Kombination einer jüngeren und älteren Frau, womit sie an 50 Jahre Frauenstimmrecht erinnert, sowie die spannenden, jedoch unverkäuflichen Werke aus dem Skizzenbuch. Diese zeigen ein Porträt von Nik Hartmann und «Street of Europe» mit Häusern aus verschiedenen Ländern.

Fantasie, künstlerische Fertigkeit und Technik

Spürbar leidenschaftlich übt Sira Trinkler ihre arbeitsintensive Kunst aus, die, wie zu hören war, ihre Freizeit einschränkt. Warum diese Materialien und Maltechnik? «Ich zeichne gerne lange Zeit und gehe mehrmals darüber, auch in meinen Gedanken. So kann ich das Ursprungsbild verändern und das Grundmotiv anpassen, beispielsweise in Bezug auf die Helligkeit. Jedes Bild ist zuletzt wie ein Baby, und das Abgeben bereitet mir Mühe, wie auch das Berechnen des Preises, vor allem bei den grossen Werken.» In ihren Arbeiten paaren sich Fantasie, künstlerische Fertigkeit und digitale Technik, was für die Zukunft einiges erwarten lässt. Davon ist auch Alberto Casco überzeugt, der ihr jetzt für einige Zeit eine Ausstellungsfläche bietet. Besonders stolz ist er, weil er die drei Zeichnungen mit den afrikanischen Tieren für sein Büro erwerben wird.

Die junge Hagendornerin hat kürzlich das Grafikdesign-Studium beendet. Derzeit absolviert sie ein Praktikum künstlerisches Management und Marketing, daneben arbeitet in der Grafik. Sira Trinkler: «Langfristig möchte ich Kunst zwischen Hobby und Beruf betreiben, denn der berufliche soziale Austausch ist auch wichtig. Der Start ist mir recht gut gelungen, und ich bin dankbar, dass ich hier ausstellen kann.» (Text von Monika Wegmann)

Hinweis

Sira Trinklers Werke sind bei Casco AG an der Zugerstrasse 39, Cham, voraussichtlich bis Ende Jahr jederzeit zu betrachten.