1922 bis 2022: Hundert Jahre «jung»

Musik

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Das Stadtorchester Zug feierte im Theater Casino den Höhepunkt und Abschluss seines Jubiläumsjahres mit einem glanzvollen Konzert und einem abendlichen Festakt. Ein alter Programmzettel verriet historische Details.

  • Jubiläumskonzert des Stadtorchesters Zug fand im Theater Casino Zug statt. (Bild Roger Zbinden)
    Jubiläumskonzert des Stadtorchesters Zug fand im Theater Casino Zug statt. (Bild Roger Zbinden)

Zug – 1922 schlossen sich musikbegeisterte Streicher und Bläser aus Zug zum Cäcilienorchester zusammen, um gemeinsam mit dem Cäcilienchor der Kirche St.Michaels Orchestermessen aufzuführen. Ein Jahr später, am 24. Oktober 1923, präsentierten sie erstmals auch ein weltliches Konzert. Der Programmzettel von damals wurde nun anlässlich des 100-Jahre-Jubiläums öffentlich zugänglich gemacht. Er erzählt viel.

Das «I. Symphonie-Konzert» war Beethoven gewidmet, wurde von Richard Wissmann dirigiert und begann «abends ¼ 8 Uhr». Das Publikum konnte im «Theater-Kasino» diverse Platzkategorien wählen zwischen Parkett-Fauteuils à Fr. 3.— und Galerie-Stehplätzen à Fr. 1.—. Billette waren nur während 3 Stunden vor Ort käuflich; man konnte aber auch schriftlich vorbestellen. Auf dem Zettel waren für das Publikum die Bahnverbindungen für die Heimfahrt nach Baar, Cham oder Walchwil-Goldau aufgeführt; und ins Ägerital gab es sogar ein Tram.

Historie und Gegenwart

Aus dem Cäcilienorchester wurde 1969 das «Stadtorchester Zug», das trotz seines 100-jährigen Bestehens jung geblieben ist: Nachwuchsförderung war ihm schon immer ein Anliegen, und so gehörten denn das Gemeinschaftskonzert «Zusammen» im Juni (mit Kadettenmusik Zug und Zuger Jugendorchester) und der «Tour d’orchestre» im Juli (mit 300 Musikschülerinnen und -schülern) zu seinen wichtigsten Geburtstagsveranstaltungen.

Den Abschluss aber bildete am Samstag das Jubiläumskonzert. Und jetzt sollte «allein das Orchester im Mittelpunkt stehen», war zu lesen, «und darum präsentieren wir kein Solokonzert, sondern zwei grossartige sinfonische Werke von Einojuhani Rautavaara und Pjotr Iljitsch Tschaikowsky».

Musik aus Finnland, Russland und – Zug

Mit seinem jungen finnischen Dirigenten Joonas Pitkänen (seit 2021) war das Orchester musikalisch öfters nach Skandinavien gewandert, aber dieses Mal erfüllten mit Rautavaaras «Cantus Arcticus» op. 61 nicht nur neoromantische Instrumentalklänge den Konzertsaal des Theater Casinos, sondern auch eingespielte Vogelstimmen – von Ohrenlerchen, Schwänen und schwärmenden Vogelzügen. Ein besonderer Hörgenuss. Nach der Pause erklang dann die «Schicksalssinfonie» Nr. 5 in e-Moll op. 64 von Tschaikowsky:

Das vorwiegend aus ambitionierten Laien bestehende Orchester meisterte unter dem sicheren Dirigat von Pitkänen diese Herausforderung und brachte damit das geschichtlich Zufällige und Unwägbare zum Ausdruck.

Zwischen den beiden berühmten Werken fand ein kompositorisches Kleinod zum ersten Mal seinen Weg zu den Ohren der Zuhörerschaft: «Horbächlers Sicht», ein Auftragswerk des Zuger Komponisten Tobias Rütti, in dem es um eine alte Zuger Legende geht. Zusammen führten Komponist und Dirigent das Publikum mit musikalischen Erklärungen und Demonstrationen in das Werk ein, was mit viel Applaus bedacht wurde. Dabei wurden Naturbilder des Zuger Fotografen des Jahres Andreas Busslinger auf eine Leinwand projiziert. Immer wieder die Nachwuchsförderung.

Erinnerung und Erneuerung

Beim anschliessenden Festbankett setzte sich Rütti selbst an den Flügel, um mit dem Stimmführer der 2. Violinen, Robin De Stefani, Beethovens Romanzen op. 40 und 50 zu spielen – eine Reminiszenz an das Programm von 1922. Howard Griffith, der bekannte britische Dirigent, der das Stadtorchester 1991-95 leitete und nun unter den geladenen Gästen war, stellte in seiner humorigen Rede fest: Nur gut ein Dutzend der heutigen 50 bis 60 Mitglieder war zu seiner Zeit dabei – alle anderen sind jünger und später Dazugekommene. Wahrlich eine junggebliebene Formation. (Text von Dorotea Bitterli)