Barocke A-cappella-Musik zu Ostern

Musik

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Die Johannes-Passion von Heinrich Schütz ist eine vokale Herausforderung, die der Chor Cappella der Hofkirche Luzern beim Gastspiel in der Kirche St.Oswald hervorragend gemeistert hat. Begeistert hat aber auch eine Uraufführung.

Zug – Heinrich Schütz (1585–1672) gilt als einer der bedeutendsten Komponisten des 17. Jahrhunderts. Im Rahmen des «Schütz Zyklus» werden in 15 Konzerten pro Jahr bis im Jahr 2022 alle soweit bekannten Kompositionen aufgeführt werden und somit auch die Werke des Komponisten geehrt. Beteiligt am Projekt sind das auf alte Musik spezialisierte Ensemble Il Dolcimelo, der Chor Cappella Hofkirche Luzern sowie namhafte Solisten. Zudem werden mit diesem Projekt Musiker gefördert, die sich mit der Musik der Renaissance und des Früh­barock auseinandersetzen. 

Am vergangenen Samstag und Sonntag sind nun im Rahmen des besagten Zyklus die ­Johannes-Passion (SWV 4871) auf dem Programm gestanden. Als besonderes Highlight zudem eine Komposition von Cyrill Schürch: «Vide homo» als Uraufführung. Ein eindrückliches Konzert im Spannungsfeld einer zeitgenössischen Komposition und der Passion von Schütz also, aufgeführt vom genannten Chor, einem ausgezeichneten und etablierten Ensemble unter der Leitung des bekannten Dirigenten und Hofkapellmeister Ludwig Wicki. Die Werke von Schütz – auch die «Passion» – sind soweit bekannt. Eine Voraussetzung, wenn man denn dem Text folgen wollte; denn durch die Akustik in der St.-Oswald-Kirche Zug war nicht immer verständlich, was in der «Historia des Leidens und Sterbens unseres Herrn und Heylandes Jesu Christi nach dem Evangelisten St.Johannes» gesungen wurde. Da half auch die kristallklare Intonation aller ­Beteiligten wenig, der Hall in der Kirche war oft zu dominant. 

Gelungene Uraufführung

Auf dem Programm stand aber auch die Uraufführung von Cyrill Schürch: «Vide homo». Dem gebürtigen Luzerner gelang es, die Dramatik des Textes musikalisch exakt zu erfassen und ein für den Chor gut singbares Stück zu komponieren. «In ‹Vide homo› konfrontiert der gekreuzigte Christus, der in der ersten Person spricht, die Verleugnung des ­Petrus und die Sündhaftigkeit der gesamten Menschheit», erklärt der 1974 geborene Cyrill Schürch, der selbst schon über einen Werkkatalog von über 50 Kompositionen verfügt. Bei «Vide homo» war diese Kompositionserfahrung hörbar, das leider viel zu kurze Stück war schlicht meisterlich. «Ich habe versucht, den doch sehr dramatischen und emotionalen Text nachzuvollziehen und musikalisch zu unterstützen. Ich finde, es ist mir gut gelungen, die entsprechenden Bilder mit meiner Musik zu evozieren und auch einen Bogen vom Anfang bis zum Schluss des Stücks zu schlagen», erklärte Schürch. Gerne hätte man davon noch mehr gehört.

Schürch achtete beim Komponieren darauf, dass sein Werk sich harmonisch in die «Passion» einfügte, das gelang ihm schon alleine durch die Textwahl von «Vide homo», welcher der bedeutende Renaissance-Meister Orlando di Lasso (1532–1594) für seine allerletzte Komposition benutzte. «Musikalische Gemeinsamkeiten zu Heinrich Schütz kann man sicher auch in den doch fast zeitlosen kontrapunktischen Kompositionstechniken finden, von denen es auch in meiner Komposition immer wieder Passagen gibt», so Cyrill Schürch. «Die Tonsprache und harmonische Anlage ist natürlich ganz verschieden; die Gegenüberstellung der beiden Werke trägt auch viel zur Faszination eines solchen Konzerts bei», erklärte Schürch weiter.

Herausforderung für die Solisten

Die «Passion» war – trotz der Kürze, das Konzert dauerte nur 45 Minuten – für die Sänger anspruchsvoll. Kern der musikalischen Darstellung, die in einer szenischen Installation gehalten wurde, bilden letztlich die Rezitative des Evangelisten und der Einzelsänger. Der Wechsel zwischen angedeutetem Schauspiel und der Vermittlung des Inhalts forderte höchste Konzentration. Dennoch wirkte das Konzert an keiner Stelle angestrengt. Entsprechend begeistert zeigte sich das Publikum beim Schluss­applaus. (Haymo Empl)

Hinweis
Nächste Aufführung: Karfreitag in der Hofkirche St.Leodegar Luzern um 19.30 Uhr.