Frauenstreik à la Antike

Theater & Tanz

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Mit Aristophanes’ Komödie «Lysistrate» greifen die Zuger Spiillüüt auch ein aktuelles Thema auf.

  • Lysistrate (links, gespielt von Barbara Hess) und Kleonike (Leandra Mondin) lassen die Männer nicht durch. (Bild Stefan Kaiser)
    Lysistrate (links, gespielt von Barbara Hess) und Kleonike (Leandra Mondin) lassen die Männer nicht durch. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Der Abend beginnt, indem Lysistrate eine Kerzenlaterne anzündet – aus Brandschutzgründen eine elektrifizierte. In ihrem Vintage-Kostüm mit Mieder und weitem Rock wirkt sie weiblich, aber die goldenen Hörner auf ihrem Haar kennzeichnet sie einerseits als Chefin heidnischer Vorzeit, andererseits als Frau mit kämpferischem Temperament.

Genau das ist sie – die weltberühmte Athenerin, die seit ihren ersten Auftritten auf den abendländischen Bühnen (411 v. Chr.) über Generationen die Gemüter von Männern und Frauen heimsucht. Denn sie ist die Frau, die dem Krieg und den Kriegern den Kampf ansagt – durch Widerstand im Bett. Die mit Schwertern und Lanzen aufgerüstete Männerwelt stellt sie vor die Wahl: Krieg oder Sex. Wer die Waffen nicht weglegt, dem verweigert sich zu Hause die Frau. Radikal.

Ein mehr als 20-jähriger, erbarmungsloser Krieg entzweit und schwächt im 5. Jahrhundert vor Christus die griechischen Stadtstaaten Athen und Sparta. Auf beiden Seiten sterben die Männer in Scharen – und hören dennoch nicht auf. Lysistrate (gespielt von Barbara Hess) überzeugt ihre engsten Gefährtinnen davon, der «Zweckentfremdung des Mannes» ein Ende zu setzen, und nach Anfangsbedenken stimmen alle begeistert zu: die junge vorlaute Kleonike (Leandra Mondin), die quirlige Myrrhine (Mirjam Nogueira) und die bodenständige Ismenia (Beatriz Mondin). Auch die rothaarige Lampito, virile Anführerin der Spartanerinnen (Daniela Jung), ist mit von der Partie; im kurzen Waffenrock und mit ledergeschnürten Beinen stösst sie Drohungen aus, die den Hurra-Rufen der Männer nicht unähnlich sind. Lysistrate lässt die Frauen über einem Humpen Bier das Vorhaben beschwören. Der Schwur ist ein Lied, und auch dieses Mal hat Theatermusiker Christov Rolla komponiert. Die einfallsreichen, witzigen Texte sind sein Markenzeichen. Die im Verlauf der Aufführung eingestreuten Musikfetzen erinnern an den griechischen Syrtaki-Tanz und ein wenig auch an den alten Film «Alexis Sorbas».

Das leere Bett wird zur Herausforderung

Als die Athener Männer auftreten, entfaltet sich die ganze Komik des genial geschriebenen Stücks: Sie exerzieren im Stechschritt, spielen sich über alle Massen auf, drohen und brüllen. Allen voran Athens Ratsherr (Martin Niederöst), Lysistrates Antagonist, unterstützt von drei Soldaten in Rüstung und Waffen (Marc Haring, Thomas Kühl, Dario Lichtensteiger). Später stossen Spartaner Krieger hinzu (Reto Solèr, Helmut Angerler). Sandra Kull hat ihnen kleine Macho-Choreografien auf den Leib geschneidert. Aber die Frauen, die sich in der säulenbewehrten Burg (Bühnenbild René Ander-Huber) verschanzt haben, löschen die männlichen Feuerangriffe mit Wassereimern und Lachen. Lysistrate betitelt den Ratsherrn als «Freiziit-General», und der Tanz der Frauen zerzaust sein Outfit und seine Allüren.

Je weiter das Stück fortschreitet, umso breitbeiniger müssen die Krieger humpeln: «Es steht alles»! Das Publikum lacht über sie. Die Kämpfer leiden und fluchen, reden von «Verrat», «Seuche» und «Spioninnen». Lysistrate aber möchte, dass die Frauen mitbestimmen dürfen im Staat, in der Politik: «Wir Frauen lösen die Probleme wie ein Knäuel Wolle: Wir entwirren nach und nach jeden Faden, legen ihn frei und finden so den guten Ausgang.» Ihre Gefährtinnen aber werden langsam mürbe, «das Herz ist voll, das Bett ist leer», und «was ist ein Tsatsiki ohne Gurke?». Einige versuchen zu türmen, Lysistrate hält sie zurück.

In Aristophanes Stück gewinnen am Ende die Frauen. Aber da tritt, unter Bühnen-Donner-und-Blitz, Zeus persönlich auf und will eingreifen (Rémy Frick), wird jedoch von seiner Gattin Hera (Inez Hochreutener) zurückgepfiffen: «Jetzt isch uszeuslet!»
Und so reihen sich sogar die Götter in Goldroben (Kostüme Agatha Imfeld) in die Reihen der beklatschten und bejubelten Spiillüüt ein. Präsident Frick hält seine humorige Premierenrede, bedankt sich bei der Regisseurin Katharina Schneebeli für die dritte Zusammenarbeit und bei den Spielenden für ihr Engagement «um Gotteslohn». (Dorotea Bitterli)

Hinweis
Weitere Aufführungen: 23. bis und mit 26. sowie 29. bis und mit 31. Januar. Darüber hinaus am 1. und 2. sowie am 5. bis und mit 9. sowie am 13. bis und mit 15. Februar. Weitere Informationen: www.zuspi.ch.