Zwei moderne Geschichtenerzähler aus Oberwil

Brauchtum & Geschichte

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Matthias Stadler und Rony Speck haben mit Spiri eine eigene App entwickelt. Diese deckt während Autofahrten unbekannte Fakten auf.

  • Matthias Stadler (links) und Rony Speck stehen dort, wo einst die alte Sägerei in Oberwil war – einer der Orte, die bei Spiri Thema werden. (Bild Stefan Kaiser)
    Matthias Stadler (links) und Rony Speck stehen dort, wo einst die alte Sägerei in Oberwil war – einer der Orte, die bei Spiri Thema werden. (Bild Stefan Kaiser)

Oberwil b. Zug – «Schau mal, der Turm dort drüben ist interessant» oder «Was gibt es hier wohl für Spezialitäten»: So tönt es doch bei vielen Autofahrten. Man hat Zeit, aus dem Fenster zu schauen und die Gedanken schweifen zu lassen und zu beobachten. Was für Geschichten sich wohl hinter einem Ort, einem Objekt oder einer Region verstecken? Antworten liefern kann Spiri – eine Reise-App. Entwickelt wurde und wird sie von den beiden Zugern Rony Speck (40) und Matthias Stadler (36). Die App soll Reisende, vorerst insbesondere Autofahrer, über die Umgebung informieren und den Weg so zum Ziel machen. «Geschichten vermitteln Werte, beschreiben die Heimat und verschaffen Einblick in die hiesige Kultur und das regionale Leben. Sie verbinden Tradition mit der Gegenwart und das Vergangene mit der Zukunft», erklärt Matthias Stadler.

Die Inspiration ist direkt erkennbar: Spiri kommt von Spyri. Johanna Spyri hat «Heidi» geschrieben und damit das Bild der Schweiz geprägt. «Sie verbindet heimische Kultur mit bester Unterhaltung, genau wie Spiri», ergänzt er.

Als Basis dient die Masterarbeit

Der Oberwiler ist für den Namen verantwortlich und auch der Mann hinter der Idee. Die App basiert auf der Masterarbeit, die Stadler als Abschluss einer Ausbildung an der Hochschule für Technik Rapperswil absolvierte. «Wir haben als Team eine eigene Idee entwickelt», erklärt er und ergänzt: «Die Arbeit ist gut geworden und ich fand es schade, dass das ganze Material anschliessend einfach versanden soll.» Die Idee stand, die Basis war gelegt. Als gelernter Grafiker hat der 36-Jährige der App den ansprechenden Look verpasst. Doch wie weiter?

Per Zufall traf er in dieser Phase auf den Informatiker Rony Speck. Der 40-Jährige ist ebenfalls in Oberwil aufgewachsen. Die beiden kannten sich vom Sehen, aber nicht näher. Das änderte sich schnell. «Ich hatte schon länger mit der Selbstständigkeit geliebäugelt und habe auch Erfahrungen in einem Start-up gesammelt», so Speck. Nun konzentrieren sich die beiden Vollzeit auf die App. Noch ist der Verdienst mit der App nicht im Vordergrund. Beide sind mit grossem Enthusiasmus und viel Motivation bei der Sache. «Wir sammeln unglaublich viele Erfahrungen, können für später viel mitnehmen», erklärt der Informatiker. «Es ist eine gute Investition», sagt sein Geschäftspartner. Zu weit in die Zukunft möchten die beiden aber nicht blicken. Zu hoch ist der Berg an Arbeit und Investitionen. «Wir dürfen uns nicht verzetteln und müssen eins nach dem anderen in Angriff nehmen», sagt Matthias Stadler.

Eine Vision gibt es aber selbstverständlich: «Spiri ist nicht weggebunden und verbindet alleinstehende Geschichten zu einem Netz. Damit wird die Philosophie der freien Fahrt unterstützt. Die App ermöglicht das spontane Rechts- und Linksabbiegen und das intuitive Entdecken.» Vorerst sollen die Routen der Schweiz abgedeckt werden. Doch die beiden denken gross und damit auch über die Landesgrenze hinaus. Aber eben, eins nach dem anderen. Das nächste Hauptziel sei die Erweiterung der Geschichtensammlung. «Spiri lebt von den Geschichten», sagt Stadler.

Der kostenlose Prototyp ist bereit für den Einsatz

Aktiv ist bereits ein kostenloser Prototyp für die Route zwischen Zug und Lugano. «Die Strecke ist geschichtsträchtig und verbindet unterschiedliche Kulturen», erklären die beiden Entwickler. 21 Geschichten erzählt Spiri dazu. Zum Thema werden etwa die Toblerone-Häuser in Oberwil, der Föhn im Urner Reusstal oder der Transport von Kühen durch den Gotthardtunnel. Spiri kann runtergeladen und parallel zu anderen Apps, beispielsweise Spotify, betrieben werden. Über die Standorteinstellung werden die Geschichten lokalisiert. Fährt man in eine definierte Zone, beginnt die Erzählung. Durchschnittlich 90 Sekunden dauert eine. Der Radar zeigt die Sichtrichtung, damit das Objekt geortet werden kann.

«Was wir jetzt brauchen, ist Feedback», sagt Matthias Stalder. Möglichst viele Reisende sollen die App testen und die Entwickler kontaktieren, damit ein Nutzertest gemacht werden kann. Darauf baut die Weiterentwicklung der App. Neben diesen Daten braucht es vor allem eines: Geld. «Wir sind auf der Suche nach Geldgebern. Einige Investitionen stehen an.» Die Recherche der Geschichten für den Prototypen hat Matthias Stadler gemacht. Die Aufnahmen stammen von Freunden. «Jetzt müssen wir professionelle Dienste in Anspruch nehmen. Das kostet Geld.» Auch verdienen möchten die Entwickler dereinst etwas mit ihrer App. Etwa indem, dass Reisende auf das Angebot von Dritten aufmerksam werden. Zum Beispiel wenn der Weg zur Bäckerei, die die lokale Spezialität anbietet, angezeigt wird. Ideen gibt es auch hier viele. Das Potenzial ist gross. (Carmen Rogenmoser)

Hinweis
Weitere Infos finden Sie unter: www.spiri.voyage