Unerhörtes Doppelquartett

Musik

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Wohl zum ersten Mal in der Zuger Musikgeschichte erklang ein Doppelquartett aus vier Hörnern und vier Fagotten. Möglich machte dies der nimmermüde Einsatz von Stefan Buri im Rahmen der Kammer-Solisten Zug.

  • Musik unter üppigem Grün: Das Konzert fand im Garten Maria Opferung statt. (Bild: Stefan Kaiser)
    Musik unter üppigem Grün: Das Konzert fand im Garten Maria Opferung statt. (Bild: Stefan Kaiser)

Zug – «Unerhört» ist für die Konzertdarbietung im Klostergarten Maria Opferung Zug am vergangenen Wochenende wohl die richtige Bezeichnung. Der Schreibende – seit einem halben Jahrhundert in wechselnden Sparten der Musikszene aktiv – kann sich nicht erinnern, je ein Konzert für die Besetzung vier Hörner und vier Fagotte miterlebt zu haben. Es wirkten mit: Stefan Buri, Anne Gerstenberger, Zoë Matthews und Flora Padar, Fagotte, sowie Tomas Gallart, Hanna Rasche, Elia Bolliger und Andrea Siri, Hörner.

Schon die Einführung eine Stunde vor Konzertbeginn erklärte die Spielmöglichkeiten der In­strumente, welche durch die Originalkompositionen und Bearbeitungen innerhalb des Programms voll zur Geltung kamen: Beim Fagott wird mit einem Tonumfang vom Kontra-B aufwärts über dreieinhalb Oktaven die mittlere Sopranlage erreicht, was ein klanglich abwechslungsreiches Quartettspiel von vier eigentlich gleichen Instrumenten gestattet.

Naturhörner und Ventilinstrumente

Komplizierter ist die Sache beim Horn: Der Tonumfang wechselt je nach Instrumententyp, gewählten Inventionsbögen und individuellem Können des Spielers. Verwendet wurden sowohl Naturhörner (in der verbesserten Konstruktion als sogenannte Inventionshörner) als auch Ventilinstrumente. Bei den Naturhörnern entstehen ab dem Septimen-Oberton unweigerlich physikalisch bedingte Abweichungen in der Intonation, die sich durch Einschieben der rechten Hand und Stopfen nur unvollkommen beheben lassen, weil sich gleichzeitig auch der Klangcharakter verändert. Dies ist aber für gewisse Ausdrucksformen sogar erwünscht, sodass sich das Naturhorn in Nischen nicht nur für historische Aufführungen bis heute neben dem Ventilhorn behauptet.

Schon mit dem einleitenden «Le Phénix» für Fagottquartett von Michel Corrette hatte man ein dankbares Originalstück gefunden. Das sichere technische und musikalische Können aller Mitwirkenden erlaubte es, dass Führungs- und Begleitstimmen innerhalb der beiden Klanggruppen immer wieder anders verteilt wurden. Das «Rendez-vous de chasse» für vier Hörner erklang aus der Ferne. Beim bearbeiteten Doppelchor von Giovanni Gabrieli standen die beiden Quartette etwa 25 Meter voneinander entfernt, so wie es der Komponist fast ein halbes Jahrtausend früher in der Markuskirche von Venedig für seine mehrchörigen Gesangsmotetten praktiziert hatte. Bei fünf «Jagdbrevier»-Sätzen von Robert Schumann spielten die Fagotte neben dem Original­quartettsatz für vier Hörner den Männerchorpart. Erspart blieb so der schwülstige Text, welcher die Überlegenheit der deutschen Jagd gegenüber jener der Nachbarländer glorifizierte. Anton Reicha (1770–1836) hatte in seinem Trio nachweislich nur deswegen ein Fagott neben zwei Hörner gesetzt, weil einige Töne der Basslinie mit den damaligen Hörnern noch unspielbar waren.

Stimmungsvoll wirkte die Bearbeitung (Hanna Rasche) der Freischütz-Ouvertüre von Carl Maria von Weber. Sogar die Tremoli der Streicher wurden durch die Hörner erstaunlich echt imitiert. Hier wechselte Stefan Buri wie auch bei zwei anderen Werken vorübergehend aufs Kontrafagott. Etwas weniger überzeugend erschien nachfolgend der weltbekannte Jägerchor. Die bei den ersten Tenören des Theaterchors gefürchtete hohe Koloratur wurde einfach mit etwas brüchiger Stimme genau eine Oktave nach unten versetzt.

Eine längere Sequenz aus «Robin Hood»

Wie heute bei fast allen Bläserkonzerten durfte auch die Filmmusik nicht fehlen. Als Bearbeitung erklang eine längere Sequenz («Prince of Thieves») aus «Robin Hood». Trotz kräftigem Applaus überliessen die Kammer-Solisten die Zugabe am Sonntag den stets hörbaren, aber nie störenden Vögeln und Bienen am eben frisch aufgeblühten Lindenbaum.

Die Zugabe über­liessen die Kammer-Solisten den stets hörbaren, aber nie störenden Vögeln und Bienen. (Jürg Röthlisberger)