Spannende Lebensentwürfe

Literatur & Gesellschaft, Musik

,

Der langjährige TV-Talker Kurt Aeschbacher (72) begeisterte gestern im Theater Casino Zug mit seiner neuen Show.

  • Auch der Sänger Riccy Rodrigues (Mitte) ist ein Gast von Kurt Aeschbacher im Theater Casino. (Bild Stefan Kaiser)
    Auch der Sänger Riccy Rodrigues (Mitte) ist ein Gast von Kurt Aeschbacher im Theater Casino. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Musik und Gäste, das hat schon immer funktioniert. Und das ist auch, etwas rudimentär heruntergebrochen, das Konzept von Kurt Aeschbachers neuer Show im Theater Casino Zug. Wobei: Show trifft es nicht ganz, es ist vielmehr ein Spektakel mit Tiefgang. An fünf Sonntagen empfängt die Talklegende ausgewählte Gäste zu einer Matinee. Wer kommt, wird im Vorfeld nicht verraten.

Aeschbacher hatte schon immer ein Flair für (die richtigen) Fragen, jahrelang war dies der Grundstein seiner erfolgreichen Sendung «Aeschbacher» auf SRF. Aber wenn man den Talkmaster live erleben kann – wie das gestern der Fall war –, dann realisiert man: Der kann das. Und zwar so richtig gut. Bereits bei der Begrüssung, die zwischen den Publikumsreihen stattfand, zeigte sich Kurt Aeschbacher unprätentiös und ohne Berührungsängste. Sein Auftritt war souverän und man spürte, dass diese Show eine Herzensangelegenheit ist. Musikalisch wurde das Programm von Soulsänger und Theater-Casino-Intendant ad interim, Phil Dankner, begleitet. Die beiden harmonierten auf der Festsaalbühne derart gut, dass man das Gefühl hatte, sie würden diese Show schon jahrelang gemeinsam präsentieren.

Kurt Aeschbacher schaffte es, jeden Gast zu persönlichen Aussagen zu bewegen, ohne diese Personen aber vorzuführen. Egal, ob es sich um eine Olympiamedaillengewinnerin im Radfahren (Marlen Reusser) oder einen Casting-Star-Sänger (Riccy Rodrigues) handelte, Kurt Aeschbacher schaffte es, dass auf jede Frage eine spannende Antwort folgte. Politisch wurde es dann bei Thomas von Grünigen. Der ehemalige USA-Korrespondent von SRF hatte die letzten drei US-Präsidenten und den Sturm aufs Capitol erlebt. Tanya Giovanoli schliesslich ist «Meat-Designerin» und veredelt Fleisch. Sport, Showbiz, Politik und Lebensart: So unterschiedlich die Gäste waren – eine Gemeinsamkeit hatten sie alle: einen spannenden Lebensentwurf und die Energie, das zu erreichen, was ihnen wichtig ist. Was das jeweils genau war, das herauszufinden war eine der Aufgaben des Talkshow-Moderators. Was ihm auch gelang. Denn eine der Stärken von Aeschbacher ist: Er kann zuhören, lässt seinen Gästen Raum, interessiert sich ehrlich für sie und nimmt sich selbst zurück.

Jedes Gespräch dauerte an die 20 Minuten – genügend Zeit, um auch kritische Fragen zu stellen. Dabei fiel auf, wie gut sich Kurt Aeschbacher vorbereitet hatte. «Früher in meiner Talkshow hatte ich ein Team, welches akribisch für die Sendung recherchierte und mich mit ganzen Stapeln von Unterlagen versorgte. Jetzt bin ich – und das macht riesig Spass – auf mich selbst angewiesen», so der Talkmaster.

Das Konzept der neuen Show stammt von Phil Dankner, Aeschbacher verfeinerte die Idee: «Wir kennen uns schon lange und vertrauen uns gegenseitig», erklärt Aeschbacher. «Wir haben uns nach verschiedenen Meetings dafür entschieden, gepflegte Gespräche auf der Bühne zu führen, und möchten damit das Publikum inspirieren. Im Vordergrund stehen nicht die üblichen Promis, sondern Menschen mit speziellen Geschichten», führte Aeschbacher aus.

Wenn Arbeit Spass macht

Das Konzept in dieser Form ist neu für Zug und das Theater Casino. Ergo ein Experiment. Phil Dankner ist sich aber sicher, dass es funktionieren wird. «Weil es anders ist als die bestehenden Talkformate. Eine Matinee hat besonderen Charme, Café und Gipfeli vermitteln das Gefühl von Ruhe und Wochenendstimmung. Der Garant für spannende Gäste ist Kurt Aeschbacher. Wir sind uns sicher, dass wir bald ein Stammpublikum generieren können.»

Kurt Aeschbacher war über 40 Jahre beim Schweizer Fernsehen. Warum setzt er sich nicht zur Ruhe? «Arbeit war und ist für mich nie eine Pein, sondern eine grossartige Möglichkeit, meinen Horizont mit neuen Geschichten, Erkenntnissen und Begegnungen zu erweitern», sagte der 72-jährige Talkmaster. «Ich brauche geistige Nahrung, aber auch die Herausforderung zu versagen, und für mich ist es eine Notwendigkeit, Neues zu entdecken. Sprich: Arbeit ist ein genussvolles Geschenk.» (Haymo Empl)