Wolken aus Vogelschwärmen

Kunst & Baukultur

,

Die in Zug aufgewachsene Doris Schläpfer zeigt Bilder von murmurierenden Vögeln. Beobachtet hat sie diese im Naturschutzgebiet in Südfrankreich, wo sie seit Jahren lebt.

  • Doris Schläpfers Vogelschwärme sind mit Tusche gezeichnet, der Himmel ist mit Acrylfarbe gemalt. (Bild PD)
    Doris Schläpfers Vogelschwärme sind mit Tusche gezeichnet, der Himmel ist mit Acrylfarbe gemalt. (Bild PD)

Zug – Kunst Vögel faszinieren den Menschen. Sie können fliegen, sich in den Himmel erheben – leicht und frei. Fliegen sie in Schwärmen, gleich dunklen Wolken, ziehen sie unsere Blicke noch mehr auf sich. Vögel sind Sehnsuchtstiere, sie sind mysteriös, und wir verstehen ihre Sprache nicht, mit der sie sich hoch über uns bei ihrem gemeinsamen Flug zu verständigen scheinen.

Murmuration, so wird das Schwarmverhalten von Vögeln, Bienen oder auch Fischen genannt. «Mur_mure», so ist die Ausstellung von Doris Schläpfer im Kunstraum Hochdorf betitelt, die dort bis Anfang November zu sehen ist, und die auf meist grossformatigen Bildern – Tuschezeichnungen auf grundierter Jute – verdichtete Vogelschwärme zeigt.

Viele kleine, schwarze Tuschepunkte geschichtet

Es ist die fünfte und letzte Ausstellung der ersten Saison des Kunstraums Hochdorf. Die Schweizer Künstlerin Doris Schläpfer, die in Zug aufwuchs und die seit 20 Jahren in Frankreich lebt, in Puichéric nahe Carcassonne, hat eigens für diesen hohen und weiten Ausstellungsraum grossformatige Arbeiten geschaffen. Galerist Henri Spaeti dazu: «Dieser Raum trägt grosse Arbeiten und öffnet sie.»

Tatsächlich macht es Freude, den Blick von den grossformatigen Bildern nach oben wandern zu lassen, zu den Fenstern, die den hohen Raum beschliessen. Der in hellen Acrylfarben zwischen Grau, Weiss und Blau auf Jute angedeutete Himmel geht plötzlich ins reale und blitzblanke herbstliche Blau draus­sen vor den Fenstern über. Vögel ziehen gerade keine vorbei, an diesem Vormittag kurz vor der Vernissage am vergangenen Sonntag. Dafür sieht man die gefiederten kleinen Wesen, seien es nun Schwalben, Möwen oder Mauersegler, als sehr viele kleine schwarze Tuschepunkte auf die Jute gezeichnet. Die vielen übereinandergeschichteten Punkte ergeben in ihrer Gesamtheit Wolken – eine jede Wolke ein Vogelschwarm. Beobachtet von Doris Schläpfer inmitten des südfranzösischen Vogelschutzgebiets, in dem seit Jahren ihr Zuhause liegt. Oder auf Youtubevideos, die Vogelschwärme an einem grauen englischen Himmel zeigen. «Schaut man genau hin, meint man, die Bewegung der Vögel zu spüren, die Vögel vielleicht sogar hören zu können», findet Henri Spaeti. Den Galerist fasziniert auch, dass sich die Künstlerin, mit der er an der Schule für Gestaltung Luzern gemeinsam studierte, und deren Werk sonst rein zeichnerisch ist, hier der Malerei nähert.

«Konzentration wie Emotion»

Beim gemalten Hintergrund in Hell bis Grau – nur einer ist zart blau – könne man die Fantasie spielen lassen: «Bei welchem Wetter und zu welcher Tageszeit sind die Vögel geflogen?» Spaeti weiter: «In fast pointillistischer Manier bilden diese Vögel Wolken.» Der Künstler und Kurator fühlt sich bei ­Doris Schläpfers neuen Bildern an Neoimpressionisten wie Georges Seurat oder Giovanni Segantini erinnert. Oder auch an die schnellen, kryptischen Malereien eines Cy Twombly. Die Künstlerin selbst sagt: «Beim Zeichnen spielen Gehirn und Gefühl zusammen. Die Dynamik der Vogelschwärme zu zeigen, erfordert Konzentration wie Emotion.» (Susanne Holz)

Hinweis
Ausstellung Doris Schläpfer «MUR_mure», Kunstraum Hochdorf, bis 3. November. Geöffnet Do/Fr 16–18 und Sa/So 15–18 Uhr. Führung mit Künstlerin: 13.10., 16 Uhr. Finissage: 3.11., 16 Uhr.
www.kunstraum-hochdorf.ch