Nervenkitzel in der Bibliothek

Literatur & Gesellschaft

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An Halloween fand zum dritten Mal die Zuger Kriminacht statt. Renommierte Krimibuchautoren lasen dabei aus ihren aktuellen Büchern vor und sorgten für ein schauriges Ambiente.

  • Michael Theurillat riecht an seinem druckfrischen Krimi. (Bild Stefan Kaiser)
    Michael Theurillat riecht an seinem druckfrischen Krimi. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Halloween ist nicht jedermanns Sache. Wer jedoch dem Reiz des ursprünglich irischen Brauches verfällt, der kann sich einmal im Jahr furchterregenden Schreckensgestalten und blutigen Tatorten, gepaart mit Kürbissen und Süssigkeiten, kaum entziehen. Es scheint, als ob die Zugerinnen und Zuger den Halloween-Brauch nicht missen wollen. Auch dieses Jahr ist die zum dritten Mal stattfindende Zuger Kriminacht in der Stadtbibliothek nämlich ausverkauft.

Gekommen ist man, um fünf Krimibuchautoren aus ihren neusten Büchern vorlesen zu hören. Tatjana Kruse, Judith Stadlin, Bruno Heini, Michael van Orsouw und Michael Theurillat entführen das Publikum in ihre literarischen Krimi-Welten. Während Judith Stadlin und Michael van Orsouw, die zusammen das Duo Satz und Pfeffer bilden, schon bei der ersten Auflage der Kriminacht dabei gewesen sind, ist der Auftritt für die anderen Autoren eine Premiere. Van Orsouw freut sich sichtlich auf den Abend: «Es sind zwei verschiedene Paar Schuhe, ein Buch zu schreiben und es einem Publikum vorzutragen. Durch das Vorlesen hebt man die Geschichte auf eine andere Ebene und kann mit Tempo oder Stil variieren.» Neben dem Vorlesen führt das Duo Satz und Pfeffer ebenfalls als Moderationsteam durch den Abend und hat als Kuratoren die Autorinnen und Autoren für die Kriminacht verpflichtet – die beiden haben also gleich drei Funktionen. Stadlin erklärt, auf was es beim Aussuchen der Lesepassagen ankommt: «Die Stelle soll nicht zu viel verraten, jedoch den Zuhörer ‹gluschtig› machen.»

Schwarzes Outfit mit Blutfleck

Wenn die Nacht über Zug hereinbreche, zeige sich die Bibliothek von ihrer düsteren Seite. Mit diesem Satz begrüsst die Leiterin der Bibliothek Zug, Pia Rutishauser, in einem passenden rabenschwarzen Outfit mit Blutfleck, das Publikum.

Nachdem die Autoren unter beinahe schon «kriminell» lautem Beifall begrüsst worden sind und auf Stühlen in der Mitte Platz genommen haben, beginnt Bruno Heini aus Luzern aus seinem Krimi-Thriller «Engelsknochen» zu lesen. In der ersten Passage konfrontiert die Heldin Palmer den Rapper Mad Dog mit dem Verschwinden ihrer Freundin. Dieser reagiert ob der Verdächtigung aggressiv und mit derber Sprache. In einer zweiten Szene wird Palmer beinahe niedergestochen und überlebt bloss dank ihrer Reaktionsschnelle. Nach den vorgelesenen Passagen stellen «Satz und Pfeffer» den Autoren jeweils Fragen zu ihrer Person und zu ihren Büchern. Heini erzählt: «Durch das regelmässige Lesen von Zeitung und vielen Krimibüchern habe ich die Mechanismen und Tricks fürs Krimibuchschreiben erlernen können. Es hilft mir auch viel, dass ich derart selbstkritisch bin und meine Geschichten jeweils hinterfrage.» Als Nächstes liest Michael Theurillat zum ersten Mal aus seinem neusten Kriminalroman «Lenz» vor, welcher das drängende Thema des Terrorismus behandelt. Er beginnt mit dem Prolog. Thema ist die Gleichheit unserer Gesellschaft, dass andersartige Menschen immer mehr ausgegrenzt würden und sich, anders als bei Magneten, Gleichartiges anziehe – eine Entwicklung, die zu denken gäbe.

Auch die Textpassagen der übrigen Autoren kommen beim Publikum bestens an, was zum Schluss mit tosendem Beifall goutiert wird. Den Abend hat man anschliessend beim Apéro in lockerem Rahmen ausklingen lassen können. (Nils Rogenmoser)