Josef Röllin, der Rebell

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Ende April 1799 probten die Menzinger den Aufstand gegen die Helvetische Republik.

  • Auf der Wiese auf dem Stockacher versammelten sich 1799 die Aufständischen. (Bild Patrick Hürlimann)
    Auf der Wiese auf dem Stockacher versammelten sich 1799 die Aufständischen. (Bild Patrick Hürlimann)

Menzingen – Nahe des Dorfes Menzingen versammelten sich im April 1799 über hundert Männer – in Hirtenhemden. Geschützt von der Dunkelheit trafen sie sich auf der Wiese auf dem Stockacher. Ihr Plan: Das Dorf überfallen und sich gegen die «Herren» der Helvetischen Republik wehren. Den «Franzosenfreunden» möglichst den Garaus machen. Mitten unter den Aufständischen war auch alt Hauptmann Josef Röllin, genannt der «Hasenthaler», wohl nach dem Hof neben dem erwähnten Treffpunkt. Ob Josef Röllin der führende Kopf hinter den Ereignissen war, wird aufgrund der überlieferten Quellen aber bezweifelt.

Das Treffen war zwar geheim, doch die «Patrioten», die Anhänger der neuen Ordnung, waren vorgewarnt. Denn am Nachmittag des besagten 28.April 1799 war ausgerechnet alt Hauptmann Josef Röllin betrunken im Wirtshaus Bachmühle aufgefallen. So habe er verraten, dass an diesem Abend «alle diejenigen, welche nicht für Religion streiten wollen, sollen niedergehauen werden». Und so kam es, dass um etwa 21 Uhr eine Gruppe von Bewaffneten in Hirtenhemden ins Dorf marschierte und in verschiedene Häuser eindrang. Ihr Ziel: Die angeblichen Feinde verhaften.

Die Aufständischen brachten die Gefangenen ins Rathaus, wo ihnen gegenüber Drohungen und Beschimpfungen ausgestossen und einige gar tätlich angegriffen wurden. Josef Röllin etwa liess seine Schimpftirade auf Klemens Uhr niederprasseln. Alt Major Uhr war früher der militärische Vorgesetzte von alt Hauptmann Röllin gewesen. Seit dem Frühsommer 1798 war Uhr als helvetischer Agent tätig und somit der Vertreter der Zentralregierung in Menzingen.

Auf dem Weg nach Schwyz

Fünf Männer aus der alten dörflichen Führungsschicht, darunter auch alt Major Uhr, wurden mitten in der Nacht unter Bewachung aus dem Rathaus geführt. Man wollte sie nach Schwyz bringen. Unterwegs wurde den Aufständischen jedoch per Brief mitgeteilt, dass der Aufstand sich nur gegen die französischen Truppen und nicht gegen Einheimische richten sollte. Daraufhin kehrte die Gruppe wieder um und kam im Morgengrauen des 29. April wieder in Menzingen an. Die Gefangenen wurden bald darauf freigelassen und die Rebellion hatte vorerst ein Ende. Am nächsten Tag zogen die Aufständischen Richtung Rothenthurm, dies weil sie zum einen erfahren hatten, dass sich von Sihlbrugg her Zürcher Truppen näherten und zum anderen, um den aufständischen Schwyzern zu helfen.

Josef Röllin, der am 21. September 1744 geboren wurde, gehörte nicht zur engeren Führungsschicht des Dorfes. Er sass nie im Rat. Jedoch war er wohl eine Respektsperson. Darauf deutet sein Amt als Hauptmann hin und auch, dass er von der Gemeindeversammlung in offizieller Funktion nach Zug geschickt worden war, um dort den Antrag zur Einberufung einer ausserordentlichen Landsgemeinde zu vertreten. Zudem unterhielt Josef Röllin ein einflussreiches Beziehungsnetz.

Röllin sagte später aus, er sei erst nach der Kapitulation der Schwyzer wieder auf die aufständischen Menzinger gestossen, deren Flucht Richtung Brunnen und schliesslich über den See nach Flüelen führte. Dort nahmen sie den Kampf gegen die französischen Truppen auf, die im Auftrag des helvetischen Direktoriums die Ordnung wiederherstellen sollten. Nach ihrer Niederlage wanderte Röllin von Flüelen aus wieder nach Hause. Dort stellte er sich selber den Behörden. Die Verhörprotokolle geben Einblick in eine kurze Episode seines Lebens. «Röllin zeigt sich als einer, der erschrickt vor den epochalen Veränderungen, die sich am gesellschaftlichen Horizont abzeichnen», so das Fazit von Historiker Lukas Vogel. Röllin starb am 15. November 1802. Die Helvetische Republik dauerte noch bis März 1803. (Andrea Muff)

Hinweis
Die neunteilige Serie «Zeitreise» beleuchtet Persönlichkeiten, die im Kanton Zug oder daraus stammend Geschichte schrieben. Im 5. Teil lesen Sie heute über den Menzinger Josef Röllin. Quelle: 23 Lebensgeschichten, herausgegeben vom Regierungsrat des Kantons Zug, 1998.