Unter 50 Gesichtern kann man sein «Spiegelbild» suchen

Kunst & Baukultur

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Pongo Zimmermanns «Fratzen» gehen Hand in Hand mit Brigitte Mosers Schmuck-Kreationen - zwei Kunstrichtungen, die harmonieren.

  • Suchbild: Wo ist das 51. Gesicht? Bei Brigitte Moser sind derzeit Pongo Zimmermanns 50 «Porträts» zu sehen. (Bild Stefan Kaiser)
    Suchbild: Wo ist das 51. Gesicht? Bei Brigitte Moser sind derzeit Pongo Zimmermanns 50 «Porträts» zu sehen. (Bild Stefan Kaiser)

Baar – Regelmässig angeordnet schauen skurrile Gesichter von den Wänden in Brigitte Mosers Schmuckatelier. Viele von ihnen sind mehr Fratzen als Gesichter. 50 an der Zahl, allesamt von Pongo Zimmermann entworfen und erschaffen. Der in Zug aufgewachsene, in den 80er-Jahren nach Zürich «emigrierte» Grafiker und Kommunikations-Designer arbeitet digital, hält aber dennoch am Analogen fest. Seine Gesichter sind so genannte Digital Art Prints, jeder von ihnen auf drei Exemplare limitiert.

Die in Baar ausgestellten «Fratzen» sind allesamt im aktuellen Jahr entstanden. Gesichter stehen in Verbindung mit «Geschichte und Gesellschaft, mit Signifikanz und Subjektivierung», wie der Künstler seine Arbeiten beschreibt. Zimmermann hebt die fast unerschöpfliche Vielfalt des Gesichtsausdrucks hervor. Meist als Grimasse von comicartig, alienmässig oder erheiternd bis hin zur unheimlich-monströsen Visage. Da scheinbar herzhaft lachend, dort hämisch grinsend, entsetzlich schreiend oder zornig zeternd. Galeristin Brigitte Moser, die mit dem Künstler bereits viele Jahre bekannt ist, zeigt sich fasziniert von der ausgeprägten Vielfalt, wie sie einem begrenzten Körperteil zu eigen sein kann.

Reflektieren des Inneren?

Der Hintergrund der Prints schimmert lediglich schemenhaft durch, klar definiert hingegen sind meist Augen und Mund. Diese Gesichtspartien sind denn auch der ausdrucksstärkste Teil des jeweiligen Gesichts. Es lässt Raum für Interpretation: Was geht in diesem Kopf vor? Fühlt sich dieser Mensch - wenn es denn einer ist - so, wie er schaut? Wenn ja, warum? Als Betrachter fühlt man sich nahezu eingeladen, dasjenige Bild zu suchen, das dem eigenen Befinden entspricht. Pongo Zimmermanns Gesichter werden zu Spiegelbildern. Sie reflektieren möglicherweise ungewollt das Innere des Betrachters.

Parallel zu Pongo Zimmermanns 50 quadratischen Porträts präsentiert Galeristin Brigitte Moser ihre neuen Schöpfungen. Kühne Ringkreationen, bekrönt mit auffallenden Objekten, funkeln von der Auslage, gefolgt von nicht minder ausgefallenen Colliers, bestehend aus Steinen mannigfaltiger Art, aus Perlen oder Bändern, in Form und Farbe mit den Gesichtern nahezu konkurrierend.

Ein Skulpturenpark-Nachruf

Brigitte Moser greift zielbewusst nach einer ganz bestimmten Kreation mit dem ominös-ironischen Titel «Ode an den Baarer Skulpturenpark». Es ist ein ausladender, aufwendig geknüpfter Halsschmuck, mit Perlen versehen und eine bronzefarbene Medaille als Anhänger tragend. Darauf das Wort «Stille». Es ist eine Glücksmünze von Andrea Röthlin. Die Künstlerin hat sie in Baar im Rahmen ihres Beitrages zum Skulpturenpark verteilt. Und die «Stille»-Münze hat Brigitte Moser vor ihrem Atelier vorgefunden. Als Zeichen für den gnadenlosen Zerriss, dem der Baarer Skulpturenpark anheimfiel, hat die Schmuckdesignerin die Münze in ihre Kreation eingearbeitet und dem Resultat besagten Titel gegeben. Nicht ohne eine spürbare Konsterniertheit über die Reaktion aus der Bevölkerung betrachtet sie ihr Schmuckstück, welches in der Reihe ihrer aktuellen Schöpfungen deutlich hervorsticht. Zu allen anderen meint sie lächelnd: «Die passen wirklich gut zu Pongos Gesichtern.» (Andreas Faessler)

Hinweis
50 Gesichter von Pongo Zimmermann und neue Kreationen von Brigitte Moser. Ausstellung noch bis Samstag, 21. Dezember (Finissage 10-12 Uhr). Im Atelier an der Dorfstrasse 27 in Baar.