«Komm, ich stricke dir ein Stück Himmel»

Kunst & Baukultur

,

Die Jahresausstellung von Kubeis in der Shedhalle wird als Erlebnisraum präsentiert, der zur Reflexion anregt.

  • Die Jahresausstellung von Kubeis in der Shedhalle ist noch bis 22. August zu sehen. (Bild Roger Zbinden)
    Die Jahresausstellung von Kubeis in der Shedhalle ist noch bis 22. August zu sehen. (Bild Roger Zbinden)

Zug – Der eher provokative Titel «Die Scham, zehn Beine und Essiggurken», den Kubeis* – die Kunstwerkstatt an der Lorze aus Cham – gewählt hat, macht neugierig. Er steht für drei der vielfältigen Werke, welche die 36 Kunstschaffenden derzeit in der Shedhalle präsentieren. Schon optisch ist die Farbenpracht im hellen Raum ein Erlebnis, und es lohnt eine genauere Betrachtung der Malereien, Fotos und Installationen.

Sie werden diesmal nach einem anderen Konzept präsentiert. Wie die künstlerische Leiterin von Kubeis, Sandra Bucheli, letzten Samstag an der gut besuchten Vernissage erklärt, bildete Ilya Kabakovs Buch über die «‹totale› Installation», in dem er die gewöhnliche, langweilige Hängung von Bildern und Zeichnungen kritisiert und zu einem episodischen Kontakt zum Betrachter rät, den Ausgangspunkt und das Ziel der Jahresausstellung 2021: So nehmen 20 Kunstschaffende die Gelegenheit wahr, ihre Werke nach einem installativen Konzept zu zeigen. Auf diese Art sind kleine Erlebnisräume entstanden, die für Überraschungen sorgen. Doch alle Teilnehmer erhalten ihren Auftritt, auch diejenigen, die ihre Bilder gruppenweise an den Wänden zeigen.

Unterstützung bei den Projekten

Die Installation «Die Scham» besteht aus in einem Kreis hängenden Unterarm, deren Zeigefinger zur Mitte weisen, wo ein Schemel auf einem roten Podest steht. «Setz dich rein» werden die Besucher animiert, aber kaum einer getraut sich, um vielleicht eine irritierende Erfahrung zu machen. Auch die Essiggurken sind zu finden, die eng aneinandergepresst in einem mit rotem Kreuz bemalten Glas «sitzen». Schon von weither fällt die Holzwand mit den zehn in die Luft ragenden grauen Beinen auf, womit die Künstlerin die Trennung von ihrem Mann verarbeitet hat und symbolisch zeigt, dass sie wieder auf eigenen Beinen steht – eines für jedes Jahr. Die eindrücklichen Selbstporträts von Rebecca Wetzel, die sie auf zwei Leintüchern gemalt hat, ziehen nun im Raum hängend die Blicke der Besucher auf sich. Sie sagt: «Kubeis bedeutet mir viel, es fängt alles auf und fördert meine Weiterentwicklung. Für mich ist es ein Schutzraum, wo ich den Austausch pflegen kann.»

Der in einem schwarzen Outfit gekleidete Modedesigner Dave ist der Initiator der begehbaren Abendstimmung «Komm, ich stricke dir ein Stück Himmel.» Die pastellfarbenen luftigen Strickereien aus Mohair und Garn schweben als sinnliche Installation in einer hellen Nische. «Ich habe mitgestrickt und wurde von Helfern unterstützt. Die feintönigen Farben tun gut, man kann sie aufsaugen oder meditieren», sagt er, und er ist dankbar über die Unterstützung von Kubeis. Dazu ergänzt Lukas Meyer, Geschäftsleiter von Kubeis: «Wir ermöglichen solche Projekte. Dave konnte sich das Material selber aussuchen.»

Spannende Fotos und Video

Originell sind die Fotos von C.B., der sich hier an Neuland gewagt hat: Die Fotos von Erlebnissen hat er bemalt, beschrieben und mit witzigen Effekten versehen. Tiefgründig ist dagegen die Fotoserie von Ma und Mel aus einem ehemaligen Sanatorium, wo ein langer Gang sie zu einer Installation zu Leben und Tod, Chaos und Ordnung inspiriert hat. Ayana lässt in einem Video ihren Körper zum Bildträger werden, indem sie im Badezimmer verschiedene Aktionen ausführt: «Ich wollte damit schonungslos meine Identität – auch als Künstlerin – erkunden.»

Viel Geduld über mehrere Monate hat die Zeichnung von Myriam Diener erfordert, die zwei sich begegnenden Figuren aus unzähligen kleinen Kreisen zeigt. Mit Interesse betrachten die Besucher auch die von R.B. auf Papier und Wachsplatten gemalten Zeichnungen von Bergmotiven. Begeistert vom regen Interesse und den Diskussionen ist auch Lukas Meyer, der betont: «Wir fördern alle bei Kubeis. Viele können durch die Kunst die eigene Ausdrucksfähigkeit schulen und erleben hier, dass sich mit Hartnäckigkeit etwas verändern und entwickeln kann.» (Monika Wegmann)

Hinweis
*Die Kunstwerkstatt an der Lorze ist ein Zentrum für künstlerisch begabte und aktive Menschen aus der Zentralschweiz, die gesundheitlich bedingt auf einen unterstützenden Rahmen angewiesen sind.
Die Ausstellung der Kunstwerkstatt an der Lorze in Cham (Kubeis) läuft bis Sonntag, 22. August, in der Shedhalle, Hofstrasse 15, Zug. Jeweils Mo-Sa, 14-19 Uhr, So 14-17 Uhr.