Schmeichelnde Musik in der Kälte

Musik

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Mit ihrem gemeinsamen Programm «Love is in the air» haben der Chamer Chor Lusingando und das Orchester Cham-Hünenberg ein Konzert geboten, das den vollen Lorzensaal in eine rosa Wolke entführte.

  • Das samstägliche Konzert in Cham stand ganz im Zeichen der Liebe. (Bild Roger Zbinden)
    Das samstägliche Konzert in Cham stand ganz im Zeichen der Liebe. (Bild Roger Zbinden)

Cham – «Lusingando» bedeutet in der Musik – aus dem Italienischen – so viel wie schmeichelnd, gefällig, spielerisch. Lusingando ist auch der Name des 1983 gegründeten Chamer Chors unter der Leitung von Nicola Brügger. Und so leicht und lustvoll war das Konzert «Love is in the air» auch geplant, das am Samstagabend vor einem gefüllten Lorzensaal zum Besten gegeben wurde. ­Bereits vor zweieinhalb Jahren hatte der Chor zusammen mit dem traditionsreichen Orchester Cham-Hünenberg ein Programm entworfen, das mit «herzerwärmenden» Evergreens Liebe und Frühling feiern sollte. Frühling – die Zeit der Paarung, des Aufbruchs aller Knospen, der Zuversicht. An Corona dachte damals wohl noch keiner, und es sollte auch nicht Krieg sein. Aber inzwischen ist alles etwas anders, und so bekam die Aufführung an einem winterlich kalten und verschneiten Apriltag eine andere Nuance.

«Es erwartet Sie etwas, das kitschig und romantisch ist, aber das ist gewollt», sagt eine der Violinistinnen des Orchesters ins Mikrofon, nachdem sie das Publikum begrüsst hat: «Wir hoffen, dass am Ende unseres Konzertes Liebe im Raum ist.» Hinter dem dreissigköpfigen Streichorchester stehen auf einem Podium erhöht und gestaffelt die Sängerinnen und Sänger des Chors; zwei Drittel Frauen, und alle tragen auf schwarzer Kleidung etwas Rosa- oder Pinkfarbenes – Halstuch, Haarband, Kette, Knöpfe, Blume, Brille.

Schmelzende Violinenklänge

Dann stellt sich Dirigent Samuel Nyffeler vor das Ensemble, hebt die Arme – und es startet ein musikalischer Durchgang durch die Pop- und Rocksongs, Schlagermelodien, Musical- und Filmhits der letzten 60 Jahre. Am Anfang natürlich mit den Beatles, ihrem «All you need is love», und dabei fällt sofort auf, dass das Arrangement (Dominique Huber) für Streicher und Chorstimmen die Musik sanfter, volksliedhafter werden lässt; Synkopen und Off-Beats sind abgeschwächt, dadurch wird alles weniger rockig, dafür sehnsüchtiger, und näher an der klassischen Musik.

Zarte, schmelzende Violinklänge (Konzertmeisterin Salome Hagenbüchle) erheben sich am Anfang von Elvis Presleys «Love me tender», das Piano (Nik Rindlisbacher) perlt dazwischen, und als die weiblichen Stimmen einsetzen, erfasst eine weiche, melancholische, fast andächtige Stimmung den Saal. «Burning love» von Songwriter Dennis Linde setzt dann aber einen Kontrapunkt, beginnt hüpfend und fetzig; Dirigent Nyffeler swingt und singt mit, die Musizierenden wippen mit den Füssen.

Sechs der insgesamt fünfzehn gespielten Nummern werden rein instrumental aufgeführt. Interessant ist das Arrangement von «Can’t help falling in love», wenn die tiefen Streicher die Begleitung zupfen, während die Violinen die Legato-Melodie führen, und dieses Verhältnis später umgekehrt wird, um in einem Tremolo-Höhepunkt aller Instrumente auszuklingen. Dann wird es mit zwei Stücken, das eine von Queen und das andere von der US-Band The B-52’s, wieder rockig, und bei «Love shack», als das Schlagzeug den Lead hat (Maris Egli) und auch der mitspielende E-Bass (Gill Schmid) zum Zug kommt, beginnt das Publikum den Rhythmus mitzuklatschen.

Liebesduette aus der Filmmusik

Der zweite Teil des Programms ist berühmten Liebesduetten der Filmmusik gewidmet. Sei es, wenn das Gefühl der Zuneigung erst langsam begriffen wird («Love is an open door» aus «Frozen»), wenn die nostalgische Erinnerung an die opferfreudige väterliche Fürsorge auftaucht («I see the light» aus «Tangled») oder die Liebe das Schicksal überwinden muss («Rewrite the stars» aus «The greatest showman»): Jedes Mal evoziert die Musik auch die Kinobilder. Vor allem im Falle von «Beauty and the beast» entführt die musikalische Innigkeit die Zuhörenden noch einmal in die Kanalisation der Metropole New York, und damit auch ins emotional Unbewusste, nur Geahnte. In mythische Abgründe, wo Schönheit etwas mit Wildheit zu tun hat und Liebe und Menschenfreundlichkeit tiefe Gräben überbrücken muss. Das Publikum, gewärmt und begeistert, wollte die Musizierenden nicht gehen lassen, applaudierte und applaudierte und bekam zwei Zugaben. (Text von Dorotea Bitterli)