Open Air-Stimmung im Hirsgarten

Musik

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Am Freitag kehrte ein kleines Stück Normalität in Cham ein. Corona war vergessen. Wenigstens zwei Stunden lang – während der Funk & Soul Night.

  • Reggie Saunders und Band spielten im Hirsgarten auf. (Bild Matthias Jurt)
    Reggie Saunders und Band spielten im Hirsgarten auf. (Bild Matthias Jurt)

Cham – Die Nebelschwaden am See erinnerten an den Horrorfilm «Ich weiss, was du letzten Sommer getan hast». Leider hatte diesen Sommer überhaupt niemand irgendwas getan. Umso erfreulicher, dass es am Freitag im Rahmen der Funk & Soul Night zu einem Happening im Hirsgarten in Cham gekommen ist und daher irgendwer überhaupt versucht hatte, etwas zu unternehmen. Wie könnte man nach dem Lockdown besser zeigen, was Kultur alles kann? Indem man ein kleines und feines Open Air im Hirsgarten organisiert. Passenderweise aufgrund der Grösse des Areals alles ohne Maske und Auflagen. Funk and Soul waren angesagt und das funkige und soulige Publikum strömte nun nicht gerade in Scharen, aber doch zahlreich ans Seebecken.

Eine kleine Bühne. Eine Lightshow beim Huwilerturm Zug und eigentlich reichte das schon. Warum? Weil die Bühne auf Augenhöhe mit dem anwesenden Publikum am See stand. Und die Musik dies ebenso tat. Denn es spielten Reggie Saunders und Band und wie das so ist mit US-Frontleadern – sie haben es einfach drauf. Die Präsenz, die Performanzen und sogar auf den wenigen Quadratmetern: die Lightshow. Es ist sicher nicht einfach für jemanden mit Talent, im Rahmen von Covid aufzutreten, und dass der eine oder andere Maskengegner die Gunst der Stunde nutzte, war zwar uncool, aber für die Profis auf der Bühne irrelevant.

Für viele war es wohl einfach die Freiheit, zu altbekannter Musik in noch altbekannteren Grooves zu tanzen. Dazu irgendein Getränk und ein liebevolles Eingeklemmtes – halt all das, was an die guten alten Zeiten erinnerte. Der See, an jenem Abend heimeliger denn je – die vertraute Atmosphäre: einfach mal wieder ein Stück Normalität.

Pogo und Robbie Williams

Es war jetzt nicht so, dass die Acts schlecht gewesen wären, ganz im Gegenteil. Aber die Kombination davon, ohne Covid-Zertifizierung an einen Event gehen zu können, Leute treffen zu dürfen, diesen unsäglichen Pogo-Tanz tanzen zu können– das war für viele am Freitag eine Befreiung, die bitter nötig war.

Dann Robbie Williams. Natürlich nicht der wirkliche, sondern einer der vielen «Robbie Williams Tribute Acts». Robbie Williams ist als Figur ja noch dankbar, weil er je nach Karriere(höhe)punkt mal mehr, mal weniger desolat wirkt und daher ein breites Spektrum an Interpretation zulässt. Am Freitag konnte aufgeatmet werden, denn das Robbie-Williams-Imitat im Hirsgarten hatte es wirklich drauf. Es war Robbie zu «Angels-Zeiten» – also damals, als der Künstler noch unter Guy Chambers produziert wurde und auf dem Höhepunkt der Karriere war. Ergo gab es da und dort sogar (fast) Teenagergekreische. Der Robbie-Williams-Imitator war wirklich gut, stellenweise kam effektiv das Gefühl auf, der ehemalige Boygroup-Member würde auf der Bühne stehen. Und generell war die Stimmung ausgelassen, fröhlich.

Das hat allen gutgetan und lässt darauf hoffen, dass der Kanton Zug wieder das wird, was ihn ausmacht: Ein Ort, an welchem ausprobiert, experimentiert und gefeiert werden soll und darf. Ohne jemals wieder an «Ich weiss, was du letzten Sommer getan hast» denken zu müssen.
Die Veranstalter haben bereits im Vorfeld geschrieben: «Wir hoffen, nach klassischem Open-Air-Konzert beim Huwilerturm in Zug, an den grossen, überwältigenden Erfolg anknüpfen zu können.» Das ist ihnen gelungen. Und: «Es ist das einzige und wahrscheinlich das letzte Open-Air-Konzert im Kanton Zug in diesem Jahr 2021. Hoffen wir, dass dieser Event durchgeführt werden kann.» Konnte er. Und wir sind dankbar dafür. (Haymo Empl)