Eine ehemalige Kultstätte der Römer?

Dies & Das

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Die kleine Wegkapelle beim Lowald hält Legenden um ihre Entstehung wach. Sogar aus archäologischer Sicht ist das Helgenhäuschen von gewissem Interesse.

  • Die St.-Jost-Kapelle beim Lowald steht an exponierter Lage. In ihrem Inneren stehen die Figuren der Heiligen Johannes des Evangelisten, Jost und Katharina. (Bild: Andreas Faessler)
    Die St.-Jost-Kapelle beim Lowald steht an exponierter Lage. In ihrem Inneren stehen die Figuren der Heiligen Johannes des Evangelisten, Jost und Katharina. (Bild: Andreas Faessler)

Hünenberg – Auf dem Geländerücken südlich von Hünenberg zwischen Reuss und der A4 liegt ein langgezogenes Waldstück, als Lowald bezeichnet. An dessen südlichem Rand nahe des Hofes Obermeisterswil steht eine kleine Wegkapelle, die von den Anwohnern «Lohchappeli» genannt wird. Das dem hl. Jost geweihte Helgenhäuschen dürfte seinen Ursprung im 17. Jahrhundert haben. Als Grund für seine Errichtung ist die Erfüllung des Gelübdes eines Bauern aus der Gegend überliefert – wohl als Dank für die Abwendung eines Unheils auf seinem Hof. Eine andere Geschichte erzählt von einem Galgen, der im Lowald gestanden haben soll. Zum Andenken an die Hingerichteten ist das Lohchappeli an deren Begräbnisstätte erbaut worden, so erzählt man.

 

Das Kapellchen regt nicht nur die Lokalhistoriker zu Mutmassungen an, sondern auch die Archäologen. Dies spätestens seit 2010, als man in unmittelbarer Nähe der Wegkapelle 49 römische Münzen fand. Da die Prägungen der Münzen eine grosse Zeitspanne aufweisen – sie sind zwischen dem 1. und 4. Jahrhundert n. Chr. entstanden –, ist davon auszugehen, dass es sich nicht um einen herkömmlichen Münzschatz handelt, den jemand hier verwahren wollte. Die Archäologen gehen vielmehr davon aus, dass die Münzen über lange Zeit gezielt deponiert worden sind, möglicherweise als Votivgaben bei einem Heiligtum. Die generell kleinen Nennwerte der einzelnen Münzen untermauern diese Vermutung.

Im Kanton Zug waren zuvor sieben weitere, ähnlich zusammengesetzte Münzfunde gemacht worden. Sie alle lagen ebenfalls an einer topografisch exponierten Stelle. Neuere Forschungen weisen darauf hin, dass die Fundstellen solcher Münzschätze wohl einen Grenzpunkt zweier römischer Gutsdomänen markieren. Die Römer verehrten laut antiker Literatur Grenzsteine wie eine Gottheit und brachten ihnen Jahr für Jahr Opfer dar. Der Grund, warum von solchen Kultstätten heute nur sehr selten noch etwas sichtbar ist, sucht man darin, dass sie in ruralen Regionen wohl meist aus Holz gebaut waren, welches in den Jahrhunderten danach vollständig verrottet ist. So scheint es nicht ganz abwegig, dass das Lohchappeli an der Stelle eines ehemaligen römischen Heiligtums steht.

Das heutige Lohchappeli mit kleiner Vorhalle und neobarockem Eisengitter ist im Jahre 1921 von Baumeister Friedrich Zaugg aus Hünenberg errichtet worden. Es ersetzte die alte Kapelle aus dem 17. Jahrhundert. Aus diesem Vorgängerbau dürfte der schwarze Altaraufsatz im Inneren übernommen worden sein. Schwarz marmoriert mit goldenen Voluten zitiert er barocke Formen. Er dient als Sockel dreier Statuen. In der Mitte erhöht steht der Kapellenpatron St.Jost – respektive Jodok – mit seinen Attributen, dem Pilgerstab und einer Krone zu den Füssen. Sie verweist auf Jodoks Verzicht auf die Herrschaft als Königssohn. Die Figur stammt wohl aus dem 16. Jahrhundert. Unwesentlich jünger dürften die beiden kleineren Statuen zu Josts Seiten sein. Sie zeigen Johannes den Evangelisten und die heilige Katharina. Diese beiden sind auffallend grobschlächtig ausgeführt und von deutlich minderer Qualität.

Man möchte das Lohchappeli geradezu als Geheimtipp für Ruhesuchende anführen. An seinem erhöhten Standort direkt am Waldrand mit Sicht auf die Rotkreuzer Ebene und den Rooterberg findet man sich fernab der Alltagshektik. Ruhebänke neben und hinter der Kapelle zeugen davon, dass man die landschaftlichen Vorzüge dieses Ortes zu schätzen weiss. (Andreas Faessler)

Hinweis

Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Details mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.