Von Mammuts und Riten

Dies & Das

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Beim Kieswerk am Äbnetwald haben Archäologen jüngst eine rituelle Grube freigelegt. Deutlich mehr Glück benötigten sie aber beim Fund eines urzeitlichen Backenzahnes.

  • Oben: die Grube zu Beginn der Grabungen mit den für die Arbeit notwendigen Erdverstrebungen. Mitte links: der gefundene Teil des Mammutzahns. Mitte rechts: die grosse weisse Mehlinstatue, davor das Mondhorn inmitten des Rillensteins und Keramikgefäss. Unten: die ganze Grube nach den Grabungen. (Bild PD)
    Oben: die Grube zu Beginn der Grabungen mit den für die Arbeit notwendigen Erdverstrebungen. Mitte links: der gefundene Teil des Mammutzahns. Mitte rechts: die grosse weisse Mehlinstatue, davor das Mondhorn inmitten des Rillensteins und Keramikgefäss. Unten: die ganze Grube nach den Grabungen. (Bild PD)

Cham – «Jeder einzelne Fund ist eine Sensation», schwärmt Gishan Schaeren. Er ist Leiter der kantonalen Abteilung Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie und freut sich über den neusten Mammutzahn-Fund. «Ein Mitarbeiter der Risi AG hat diesen beim Kiesabbau beim Äbnetwald in Cham ausgegraben und uns informiert.» Es handelt sich um einen Backenzahn, der in rund 20 Metern tiefe, im eiszeitlichen Kiesschotter entdeckt wurde. Der Zahn ist rund 20 Zentimeter gross und mindestens 30000 Jahre alt. Gemäss Schaeren gehört er einem erwachsenen Tier, welches vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit die Tundra durchstreifte, wo heute die Gemeinde Cham ist. Es starb frühzeitig im Alter von rund 35 Jahren.

Der Fund sei reiner Zufall gewesen, erklärt Daniel Marty, Abteilungsleiter Produktion Kies und Beton der Risi AG. «Wir können nicht permanent unseren Schaufelinhalt nach archäologischen Gegenständen durchsuchen.» Seine Mitarbeiter seien aber informiert, dass sie Funde melden und dem Kanton weitergeben.

Systematisch Archäologisch überwacht wird hingegen die weitere Erschliessung des Kieswerks in den Äbnetwald. Dort haben die Mitarbeiter des Kantonsarchäologen die Aufsicht, wenn die Bäume gerodet werden und Bagger behutsam die obersten Erdschichten abtragen. Denn die Gegend beim Äbnetwald ist voll von Überresten längst vergangener Zeiten. «Wir haben bis jetzt bei jeder Etappe etwas gefunden», so Archäologe Schaeren. Und auch die jüngste Rodung war erfolgreich. «Wir haben eine geheimnisvolle Grube aus der Bronzezeit gefunden.» Schaeren und sein Team vermuten, dass die Grube und die Gegenstände darin in einem kultischen Kontext verwendet wurden. «Es ist ein aussergewöhnlicher Fund.» Dies zeige alleine schon die Grösse der Grube von rund dreieinhalb auf fünf Meter.

Objekte wurden wohl bewusst zerbrochen

Gishan Schaeren erklärt, dass in dieser Zeit das gesamte Leben von Kult und Riten geprägt war. Die gefundene Grube müsse aber eine ganz spezielle Funktion gehabt haben. In die Grube hinein führte eine Art Treppe. Zudem lässt sich rekonstruieren, dass das Loch zumindest eine Zeit lang mit Wasser gefüllt war. Darin wurden verschiedene Objekte deponiert. «Diese wurden mit grosser Wahrscheinlichkeit bewusst zerbrochen und in die Grube geworfen, was auf eine rituelle Verwendung hinweist.» Bei den Objekten handelt es sich um eine Menhirstatue, ein Mondhorn ein Rillenstein sowie um ein Keramikgefäss. Eine Menhirstatue ist die Darstellung eines Menschen, wie sie damals gemacht wurde. «Die Gravur im unteren Bereich des Steins zeigt, dass der Stein nicht zufällig von der Natur so geformt wurde», so Schaeren.

Auch die Grube sei sicher nicht natürlich entstanden, erklärt Ar­chäologe Schaeren. «Sie wurde klar von Menschen gemacht.» Denn der Boden dort war von der Eiszeit zusammengepresst worden und ist sehr hart. «Es gab schon Ausschwemmungen aber nicht in dieser Grösse.» Mit dem harten Boden sei das Graben dieser Grube in der damaligen Zeit eine ziemliche Leistung gewesen. «Es gab noch keine Eisenschaufeln und -Pickel. Sie hatten nur Bronze-Hacken oder Hacken aus Geweih.» Möglicherweise hätten sie aber auch Feuer gemacht, sodass der Boden aufplatzt und krümelig wird.

Wichtig für die Nachwelt

Die Objekte lassen sich Anhand der Form und Verzierung in die ausgehende Spätbronzezeit, um 900–800 vor Christus datieren. Schaeren: «Mit dieser Entdeckung konnte ein weiteres spannendes Puzzleteil der bedeutenden bronzezeitlichen Fundstelle ausgegraben und für die Nachwelt dokumentiert werden.» (Zoe Gwerder)