Drei Sinfonien im «Stil-Vergleich»

Musik

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Das Kammerorchester Basel stellt Vanhal und Mozart einander gegenüber – auf historischen Instrumenten. Das begeisterte Zuger Publikum kam am Mittwochabend im Theater Casino Zug in den Genuss eines hochkarätig besetzten Konzerts.

  • Violinistin Alina Ibragimova und Bratschist Nils Mönkemeyer spielten die Soloparts in Mozarts Sinfonia Concertante KV364. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 21.2.2024)
    Violinistin Alina Ibragimova und Bratschist Nils Mönkemeyer spielten die Soloparts in Mozarts Sinfonia Concertante KV364. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 21.2.2024)
  • Das Kammerorchester Basel im Theater Casino. Am Hammerflügel dirigierend: Kristian Bezuidenhout. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 21.2.2024)
    Das Kammerorchester Basel im Theater Casino. Am Hammerflügel dirigierend: Kristian Bezuidenhout. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 21.2.2024)

Zug – Von den schaffenskräftigen böhmischen Komponisten des 18. Jahrhunderts ist Jan Dismas Zelenka (1679–1745) im heutigen Bewusstsein zweifelsfrei der populärste Vertreter. In jüngster Zeit jedoch vernimmt man vermehrt den Namen Johann Baptist Vanhal, dessen Werk einschlägige Klassiksender für sich entdeckt zu haben scheinen. Der Böhme war bei Zelenkas Tod zwar erst sechs Jahre alt und gehört somit zur späteren Generation des Jahrhunderts, doch ein entsprechender Einfluss ist klar feststellbar. Vanhal nimmt im aufgeführten Repertoire böhmischer Klassik einen wachsenden Stellenwert ein.

Sein Oeuvre ist immens, allein Sinfonien hat er 77 an der Zahl geschrieben. Seine g-Moll-Sinfonie zählt zu Vanhals herausragendsten Schöpfungen und ist ein Musterbeispiel für seine Art des Komponierens: Er verpflichtet sich einerseits noch hörbar der barocken Tradition, ist andererseits jedoch stark von der Wiener Klassik beeinflusst: Vanhal lebte und wirkte ab 1780 bis zu seinem Tod im Jahre 1813 in Wien.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Das Kammerorchester Basel stellt in seinem Konzertprogramm «The Mozart Project» der g-Moll-Sinfonie von Vanhal zwei Sinfonien Wolfgang Amadeus Mozarts gegenüber – und zeigt anschaulich auf, wie sich die Stile der beiden Zeitgenossen voneinander unterscheiden und worin sie sich ähnlich sind. In diesen Genuss kam in Zug am Mittwoch ein interessiertes Publikum: Das Kammerorchester war – wieder einmal – im Theater Casino zu Gast.

Das von Intendantin Ute Haferburg einleitend gegebene Versprechen, es werde ein «besonderes Konzert», war alleine durch die Tatsache eingelöst worden, dass die Musikerinnen und Musiker die drei Sinfonien auf historischen Instrumenten interpretierten. Dafür wurde das Ensemble von einem ausgewiesenen Fachmann geleitet: Kristian Bezuidenhout ist ein international gefragter Kenner der historischen Aufführungspraxis. Am Hammerflügel sitzend, führte er die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten an – zuweilen mit der einen Hand auf der Klaviatur, mit der anderen dirigierend.

Der Vanhal-Sinfonie mit ihrem virtuosen ersten Satz und dem erzählerisch-lieblichen zweiten mit der Oboe als Hauptprotagonistin stand im Anschluss Mozarts Sinfonia Concertante ES-Dur KV364 gegenüber. Der Zusatz «Concertante» verweist auf eine Form der Sinfonie, die zugleich die Charakteristika eines Solokonzertes aufweist. Mozart hatte sich dieser Musikform insbesondere durch seine Erfahrungen in Mannheim ab 1877 zugewendet.

Bei KV364 sind die Violine und die Viola die beiden solistisch geführten Instrumente, in diesem Konzert gespielt von der Geigerin Alina Ibragimova und vom Bratschisten Nils Mönkemeyer – beides international tätige und gefragte Solisten. Perfekt aufeinander abgestimmt, hoben sie sämtliche Facetten der konzertanten Sinfonie bis in die feinsten Nuancen hervor. Hier wurden die kompositorische Komplexität sowie die gesamte Raffinesse und Sinnlichkeit der Sinfonien Mozarts offenbar. Dass der bei historischen Geigen häufig viel zartere und weniger voluminöse Klang bei Forte-Passagen mit dem Ensemble schon mal unterging, sollte kein nennenswerter Nachteil sein.

Typischer Mozart

Eine weiteres Vergleichsbeispiel mit Vanhal war schliesslich Mozarts B-Dur-Sinfonie KV319, deren erster bis dritter Satz eher unaufgeregt daherkommt. Im vierten Satz jedoch gibt sich Mozart von seiner «urtypischen» Seite mit einem bezaubernden, sich mehrfach wiederholenden Hauptthema – eine weitere Demonstration seiner Kompositionsweise und der ausgeprägten Fähigkeit, die gesamte Palette an Emotionen in feinen harmonischen Variationen und Wendungen zum Ausdruck zu bringen.

Die hohe musikalische Qualität des Ensembles an diesem Abend, genau wie diejenige der beiden Solisten, wurde vom Publikum erkannt, geschätzt und entsprechend quittiert. Das Orchester, welches mit «The Mozart Project» als Nächstes in der Londoner Wigmore Hall zu Gast ist, bedankte sich im Gegenzug mit einer virtuosen Finalpassage aus der Vanhal-Sinfonie – und schloss so die Klammer. (Text von Andreas Faessler)