Die Passionsgeschichte in ungewohnter Form

Musik

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In der voll besetzten St.-Oswald-Kirche erklang die Schweizer Erstaufführung der Markus-Passion von Jacob de Haan. Trotz sorgfältiger Vorbereitung durch die Stadtmusik Zug setzte die Akustik bei der ungewöhnlichen Besetzung deutliche Grenzen.

Zug – Der 1959 geborene Niederländer Jacob de Haan komponiert fast ausschliesslich für Bläser. Dies spürte man auch bei seiner vor Jahresfrist in Ottobeuren uraufgeführten Markus-Passion für Sprecher, zwei Vokalsolisten und Blasorchester.

Die Erstaufführung in der Schweiz brachte eine Komposition in vollromantischem Stil, welche nur an wenigen Stellen die Tonalität etwas erweiterte. In einem Grossteil des rund einstündigen Werkes gestaltete ein Sprecher (Thomas Inglin) den Evangelistenpart, und die eigentliche Musik erklang ausschliesslich durch die Begleitstimmen. Mit der prägnanten Aussprache des Sprechers und einer Mikrofoneinstellung, welche die hohen Frequenzen leicht bevorzugte, gelang dabei fast durchwegs eine gute Sprachverständlichkeit.

Wenige Einsätze – meist mit Texten barocker Choräle in abgeänderter Vertonung – erhielt die Mezzosopranistin Mojca Vedernjak. Ihre in allen Lagen angenehm geführte Stimme kam dort am besten zur Geltung, wo die Komposition eine abgerundete, in sich geschlossene Form aufwies, so beispielsweise beim zweistrophigen Schlusschoral, wo das gleiche Thema dann noch im Nachklang als Ritornell der Blasinstrumente weitergeführt wurde.

Zu stark übertönte Baritonstimme

In seinem Begleitkommentar bezog sich der Komponist Jacob de Haan ausdrücklich auf seine frühen Eindrücke beim Anhören der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach. Dort werden die Christusworte stets von einem feinen Streicherklang begleitet, welcher sich je nach Stimmvolumen des Solisten bis ins Pianissimo abdämpfen lässt. Leider funktionierte das gleiche Vorgehen in der Markus-Passion mit dem vielstimmigen Bläserchor nicht richtig. Michel Anner verfügte über eine sonore und für andere Gelegenheiten bestimmt nicht zu kleine Baritonstimme. Trotzdem wurden die Christusworte von der Begleitung meist übertönt, und wer sie nicht auswendig wusste, war auf das Textblatt angewiesen. Erst ganz am Schluss erhielt der Solist wenige Stellen mit diskreterer Begleitung, so dass er seine Fähigkeiten zu differenzierter Gestaltung doch noch kurz andeuten konnte. Wahrscheinlich hätte man für beide Gesangssolisten doch besser Mikrofonverstärkung einsetzen sollen.

Wohlverstanden: nichts gegen die musikalische Leistung der Stadtmusik Zug. Felix Hauswirth hatte in zahlreichen Proben den Klangkörper intensiv auf seine Aufgabe vorbereitet. Durch das ganze Programm überzeugten ein ausgezeichnetes Zusammenspiel und eine gute Intonation. Eigentlich fast schade, dass sich dieser hohe und qualitativ gute Aufwand kaum für ein weiteres Konzert verwenden lässt! Über weite Strecken dominierten die tiefen Register, welche in einem gewissen Sinne stellvertretend für die kaum auskomponierten Volkschöre standen. Überhaupt verschob die Passion damit von der theologisch gewichtigen Kollektivschuld am Tod Jesu die ganze Entwicklung viel mehr ins Individuelle. Felix Hauswirth gestaltete sorgfältig, umsichtig und im Sinne des Komponisten wahrscheinlich auch stilgerecht. Schon durch die Besetzung ohne Chor und mit Sprecher als Evangelist verschob sich der musikalische Schwerpunkt wohl gewollt vom vokalen in den instrumentalen Bereich.

Beifall für Musiker gleich wie für den Komponisten

Das Publikum füllte die Zuger St.-Oswald-Kirche fast bis auf den letzten Platz. Mit langem Applaus dankte es für eine für eine nach Vorbereitung und Präsenz in der Aufführung vor allem bei den Bläsern der Stadtmusik ausgezeichnete Leistung. Auch der persönlich anwesende Komponist durfte einen langen und intensiven Dank entgegennehmen. (Jürg Röthlisberger)