Von der Klassik hin zur leichteren Muse

Musik

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Das zweite Sommerklänge-Konzert brachte ein gemischtes Programm mit dem Bläserquintett Moragues. Das abwechslungsreiche und spannungsvoll vorgetragene Programm fand in der Kapelle Maria vom Berg den Weg zum Publikum.

  • Das Moraguès-Quintett wusste das Publikum in der Kapelle Maria vom Berg in Menzingen zu begeistern. (Bild Maria Schmid)
    Das Moraguès-Quintett wusste das Publikum in der Kapelle Maria vom Berg in Menzingen zu begeistern. (Bild Maria Schmid)

Menzingen – Den nachhaltigsten Eindruck hinterliess die vor der Pause gespielte «Kleine Kammermusik» Opus 24 von Paul Hindemith (1895–1963). Die fünf Interpreten des in Paris gegründeten Moragues-Quintetts (die drei Brüder Michel, Flöte, Pascal, Klarinette, und Pierre Moragues, Horn, sowie David Walter, Oboe, und Giorgio Mandolesi, Fagott) wussten in hohem, ebenbürtigem musikalischem Können die Qualitäten des Werkes voll zur Geltung zu bringen.

In der gebotenen Interpretation beeindruckte vor allem die Fähigkeit des Komponisten, sich durch den Notentext in das Wesen der einzelnen Instrumente einzufühlen. Hindemith war von Haus aus Bratschist – also eine Mittelstimme. Die Häufung der Mittelstimmen im Bläserquintett kam dadurch wohl zusätzlich den Qualitäten der Komposition entgegen. Stilsicher gelang der angemessene Weg zwischen markanter Betonung einzelner Motive und Sequenzen neben angemessener Pflege der Gesamtform.

«Carte blanche» für den zweiten Konzertteil

Eine anspruchsvolle Aufgabe stellte sich David Walter mit der Bearbeitung des Streichquartetts d-Moll KV 421 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791). Das stark von der Ersten Violine dominierte Original erhielt mit der Klarinette über weite Strecken eine zweite Oberstimme – eine kluge Massnahme im ­Hinblick auf die Schwierigkeit des Flötentons, sich gegenüber vier tieferen Blasinstrumenten gleichzeitig zu behaupten. Relativ diskret blieb der vom Bearbeiter selbst meist auf dem Englischhorn gespielte Oboenpart. Für lang gehaltene Basstöne wurde das Horn oft als Unterstimme eingesetzt, während das Fagott dazwischen lebhaftere Koloraturen auszuführen hatte.

Für den kürzeren zweiten Teil gab es kein gedrucktes Programm. Das Quintett hatte von den Veranstaltern «Carte blanche» erhalten; das heisst, die Interpreten konnten die zu spielenden Stücke laufend mehr oder weniger spontan aussuchen. So folgten sich meist kürzere Einzelsätze von Beethoven, de Falla, Dvoák, Bizet, Bernstein, Rimsky-Korsakov, Schostakowitsch und Strauss. Obwohl es sich durchwegs um Bearbeitungen handelte, blieb stets das Gefühl der Originalkomposition gewahrt. Nicht nur nach der Auswahl der Komponisten, sondern auch nach der Interpretation ­führte der Weg von der Klassik her allmählich zur leichteren Muse. Das zahlreiche Publikum bekundete mit lebhaftem Applaus seine helle Freude vor allem an der Virtuosität der bisweilen horrend schnell gewählten Tempi. Mit fast unveränderter Besetzung seit dem ersten Auftritt 1980 erwies sich gerade für solche Passagen die jahrzehntelange gemeinsame Spielerfahrung als sehr wertvoll. Die oft bekannten Melodien wurden nicht nur heftig beklatscht, sondern zunehmend humoristisch verstanden – dies auch dann, wenn es etwa bei «Carmen» oder «Dance du feu» eigentlich um tragische Grundstimmungen gegangen wäre.

Schlichter Raum mit geeigneter Akustik

Wie Beatrice Sutter in den Erläuterungen zum Konzertort berichtete, entstand die Kapelle Maria vom Berg in Menzingen von 1930 bis 1932 als Bestandteil des Internats für die Lernschwestern der Gemeinschaft vom Heiligen Kreuz. Das Gebäude entspricht den Prinzipien der damals verbreiteten Stilrichtung «Neues Bauen». Der sehr nüchtern wirkende Raum der Kapelle wird nur durch wenige später platzierte Statuen von Josef Rickenbacher belebt. Wert verleiht ihm aber eine gerade für Bläser-Auftritte sehr geeignete Akustik, welche die Leistung der Interpreten zusätzlich unterstützte. Die Schwestern leisteten vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr viel für die Schulbildung der Mädchen. Die vor 50 Jahren rund 3500 Mitglieder umfassende Gemeinschaft ist heute auch mit den Problemen der Schrumpfung und Überalterung konfrontiert, sodass das Gebäude seit einigen Jahren als Altersheim genutzt wird. (Jürg Röthlisberger)