Baar wird zur «Räbe-Metropole»

Brauchtum & Geschichte

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Mit Fackelzug sowie Ex- und Inthronisations-Zeremoniell hat in Baar die Räbefasnacht so richtig begonnen.

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Baar – Neben der Rathaus-Schüür in Baar treffen sich viele fantastische Masken und Guggen, edle Kostüm-Honoratioren in blauen Gewändern, ihre Ehefrauen in roten. Allen voran der Zeremonienmeister Tobias Hotz mit Partnerin, dann der «hochwohlgeborene» Räbevater Christophe I. Egli mit seiner «liebreizenden» Gattin Gaby, gefolgt von Leo Bär, dem imposanten Lakaien der Fasnachtsgesellschaft Baar. Christophe I. soll an diesem Abend entthront werden, um dem neuen Räbevater Platz zu machen.

Fackeln werden entzündet und unter den Klängen der Guggenmusik Belcantos feierlich durch die «Räbe-Metropole» getragen. Polizisten halten den Verkehr an, wo das Wappen der Räbefasnacht auftaucht.

Baar feiert die Fasnacht 2024. Räbe-Gäuggel überall, in blau gestreiften Gwändli mit roten Hosen – oder umgekehrt. Der Gemeindesaal «ze alt fry Baar», geschmückt mit Hunderten von bunten Ballonen, füllt sich rasch bis zum Rand. Der innerste Hofstaat des Räbevaters, der unter Trommelwirbeln und Fanfaren einzieht, trägt grossnasige Masken, ebenfalls in Rot oder Blau. Auch die Belcantos-Musikanten sind kostümiert, in schillerndes Türkis gewandet und mit blauer Schminke maskiert. Guggemusig greift zwar öfters moderne Popsongs auf, spielt aber auf Instrumenten, die seit dem Mittelalter für die «fünfte Jahreszeit» typisch sind: Trommeln und Pfeifen, Trompeten und Posaunen, Piccoloflöten und Pauken.

Man denkt an venezianischen Karneval oder mittelalterliche Jahrmarktsunterhaltung: Auch in digitalisierten Zeiten ist und bleibt Fasnacht analog, ein Fest für die Sinne und die Gemeinschaft, eine Klammer im Alltag – voller Farben und Leichtigkeit, mit uralten patriarchal-monarchischen Zeremonien, in denen Männer stolze Könige werden und die Frauen lächelnde Ehrendamen. Nach dem Einzug ergreift «Zeremonius» Tobias Hotz das Mikrofon und führt mit Verve und humorstrotzender Energie das Zeremoniell durch. Seine witzigen Seitenhiebe treffen nicht nur die eigenen Leute – Lakai Leo trage eine «Engelsfrisur» –, sondern auch Politiker wie etwa Christoph Blocher.

Von Christophe I. zu Michi I.

Nachdem er dem amtierenden Räbevater die Amtsinsignien abgenommen hat, kommentiert er: «Christophe, du bist zwar immer noch ein schöner Mann, aber kein mächtiger mehr.» Mit rauschendem «Oh!» reagiert der Saal, als Christophe Egli in den Ehrenstand der Räbevater-Gilde aufgenommen und in deren blaue Jacke und Mütze gekleidet wird. In bewegender Rede lässt er sein Amtsjahr Revue passieren.

Nach musikalischem Intermezzo durch die Band Braxxis (Eigenschreibweise: BraXXis) zieht der neue Räbevater Michi I. Radler ein. Hotz schildert ausgelassen Radlers «Tellerwäscherkarriere» – vom Buben, der Fasnachtsplaketten verkauft, zum «obersten Beherrscher aller Fasnächtler». Das biete «genug Stoff für Hollywood», und das sei auch kein Wunder, denn «nicht überraschend ist Michi I. Stoff-Verkäufer». Er witzelt über Michis Sportlichkeit und seinen Leibesumfang und beschreibt humorvoll die Liebesgeschichte mit Ehefrau Carmen.

Dann erhält der neue Räbevater die Insignien seiner Herrschaft: das Zepter als «Zeichen der Macht», die güldene Kette als «Zeichen der Verbundenheit mit dem Baarer Räbevolk», den Zweispitz als «Zeichen der Würde», die Räbevater-Plakette als «Zeichen der Zugehörigkeit». Der ganze Saal prostet sich im Ehrentrunk zu.

Unter dem Motto «mer schaukled d’Fasnacht» hält Michi I. seine erste Amtsrede. Und dann hält er Hof und nimmt Huldigungen entgegen: Es folgt eine lange Feiernacht bis in die frühen Morgenstunden. (Text von Dorotea Bitterli)