Zeitreise mit Taschenlampe

Brauchtum & Geschichte, Vermittlung

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Das Museum Burg Zug hat eine neue Taschenlampenführung für Kinder konzipiert. Hausherrin Zurlauben, eine Dame aus dem 18. Jahrhundert, lässt die Kleinen die geheimnisvollen Winkel der Burg entdecken.

  • Pferdeäpfel entdeckt, doch wo ist Knecht Hans? (Bild Maria Schmid)
    Pferdeäpfel entdeckt, doch wo ist Knecht Hans? (Bild Maria Schmid)

Zug – Dunkle Januarnacht in der Burg – einst mittelalterlicher Herrschaftssitz, später repräsentativer Wohnsitz bedeutender Zuger Familien. Eine Hand voll Kinder im Alter von 5 bis 7 Jahren mit ihren Vätern, Müttern oder Grosseltern warten im Vorraum des Museums.

Und dann, plötzlich: Eine Dame aus einer anderen Zeit, in einem Kleid aus rot-goldenem Stoff unter einem Umhang aus feinem Leinen. Auch trägt sie einen schwarzen Hut – einen «Hinderfür», der zweiteilig ist und wie ausgestopft wirkt. Die Kinder sind elektrisiert.

Maria Elisabeth Esther Zurlauben stellt sich mit lauter Stimme vor: Sie sei die Gattin des Hausherrn Johann Franz Landtwing und seit vielen Jahren die Herrin über Knechte und Mägde der Burg – während ihr Mann meist zu Pferd unterwegs sei und für den französischen König starke Innerschweizer Männer rekrutiere. «Les beaux hommes», wie diese genannt würden, liefen zu Fuss bis nach Paris, um dem König zu dienen.

Und sofort schiessen die Finger der kleinen Jungen in die Höhe: Einer erzählt, wie lang er laufen könne, ein anderer, dass sein Papa aus Frankreich komme. Yvonne Fischer, welche die edle Dame mimt, hat die Kinder bereits für sich eingenommen: Von jetzt an führen ihre resolute Stimme und fantastischen Erzählungen die acht Kinder durch die nächtliche Burg. Ausgerüstet mit Taschenlampen, dürfen die Mädchen und Buben die Zuger Burg erkunden.

Haferkörner, Wirz und Kohl, Sellerie, Rüebli, Äpfel

Die neue Taschenlampenführung für Kinder wurde von Myriam Kärvas, der Leiterin Bildung und Vermittlung, und ihrer Mitarbeiterin Yvonne Fischer entworfen. Fischer ist auch auf der Lenzburg in der Museumspädagogik tätig. Und sie ist offensichtlich eine blendende Schauspielerin, die ihr Publikum in frühere Zeiten zurückversetzen kann.

Der Rundgang beginnt draussen, im Burggraben. Auf der Suche nach ihrem Knecht Hans entdeckt die adlige Dame ein paar Pferdeäpfel und viele Hufeisen; das herumliegende Zaumzeug trägt ein kostbares Medaillon mit Leuen-Wappen und weist auf einen edlen Ritter hin. Und wo ist die Magd Lisbeth, deren Schuhe herumliegen? «Wer von euch wäre denn gerne Magd?», fragt sie, und die kleinen Mädchen rufen: «Ich, ich!» Damals gab es für Töchter aus dem Bauernstand nur zwei Wege: ins Kloster oder zum Lohndienst auf eine Burg.

Bei einer Feuerstelle dürfen die Kinder mit Feuersteinen, Metall und Zunder Funken entzünden und an einem brennenden Kienspan riechen. Daneben steht ein Tisch mit Lebensmitteln für das abendliche Mahl: Haferkörner, Wirz und Kohl, Sellerie, Rüebli, Äpfel. Die teuren Gewürze Muskat und Pfeffer sind aber nur für die Mahlzeiten des Adels bestimmt.

Im Innern der Burg entdecken die Kinder bald ein schweres Kettenhemd, Helm und Eisenfäuste, Wappenrock und Schwert des Ritters Heiri – sie dürfen alles anprobieren und staunen über das Gewicht. Im Landtwing-Kabinett im oberen Stock liegen in gemütlichen Erkernischen Gegenstände weiblicher Musse: Teetassen, eine Stickerei und ein altes Schachspiel. Die Hausherrin berichtet, dass sie zehn Kinder zur Welt brachte, dass aber vier davon nicht überlebten; und einer ihrer Söhne sei gar Kartograph geworden.

Eine schöne rosa Krinoline mit fünf Stoffschichten und Reifrock hängt im Nebenraum, zusammen mit einer kostbar gewobenen Herrenjacke. Gemäss Frau Zurlauben badete man früher nur einmal im Monat und musste deshalb die stinkenden Haare unter Perücken verbergen. Im obersten Stock der Burg wird es schliesslich gespenstisch, sodass die adlige Dame die Kinder rasch wieder hinabführt und sie bald mit einem Dankeschön für den Besuch entlässt. (Text von Dorotea Bitterli)


Hinweis

Die Taschenlampenführung im Museum Burg Zug findet noch einmal statt, dieses Mal für Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren: am 2. Februar 2024, von 18–19 Uhr. Infos und Anmeldung: https://www.burgzug.ch/page/de/veranstaltungen/kalender oder 041 728 29 70.