Brütschs Notkirche mit «Update»

Kunst & Baukultur, Brauchtum & Geschichte

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Für schnell wachsende, jedoch finanzarme Kirchgemeinden hat der Zuger Architekt Hanns Anton Brütsch einen kostengünstigen Element-Kirchenbau entworfen. Als Letztes ist derjenige in Bassersdorf ZH entstanden.

  • Die Pfarrkirche St.Franziskus von Bassersdorf-Nürensdorf ist äusserlich unverändert geblieben. (Bild Andreas Faessler)
    Die Pfarrkirche St.Franziskus von Bassersdorf-Nürensdorf ist äusserlich unverändert geblieben. (Bild Andreas Faessler)

Zug – Nein, das auf dem Bild ist nicht die St.-Thomas-Kirche in Inwil bei Baar. Es ist nur (fast) dasselbe «Modell». Über St.Thomas ist in den vergangenen Jahren wiederholt berichtet worden, insbesondere im Zuge des geplanten Ersatzes mit einem modernen Kirchenzentrum, was 2012 schliesslich vom Volk abgelehnt worden ist. Und 2022 – coronabedingt um ein Jahr verschoben – wurde das 50-jährige Bestehen des Kirchengebäudes von 1971 mit mehreren Jubiläumsanlässen gefeiert.

St.Thomas ist damals als sogenannte «Fastenopferkirche» entstanden. Der Name geht auf die Schweizerische Fastenopferkommission zurück, die 1965 dem Zuger Architekten Hanns Anton Brütsch (1916-1997) den Auftrag erteilt hatte, eine einfach auszuführende und kostengünstige «Notkirche» für weniger solvente Gemeinden zu entwerfen. Brütschs Lösung war ein zeltförmiger Bau, der von vorgefertigten Betonträgern gestützt wird. Auch sämtliche anderen Elemente sind einheitlich vorfabriziert. Somit ist alles jederzeit in seine Einzelteile zerlegbar und kann bei Bedarf woanders neu aufgestellt werden.

Es handelt sich um eine Art «Fertigkirche», wie man sie in Anlehnung an die heute verbreiteten Fertighäuser bezeichnen könnte. Im Gebäudeteil hinter dem Altarbereich sind planmässig Pfarreiräumlichkeiten untergebracht. Das erste Kirchenprovisorium dieses Typus wurde 1967 in Belp BE errichtet. Bis 1972 folgten zwölf weitere baulich identische Ausführungen in diversen Schweizer Gemeinden, darunter auch in Altdorf und eben Inwil bei Baar.

Der Bauplan erhält eine Neuerung

1973 präsentierte Architekt Brütsch einen überarbeiteten Plan seiner Fastenopferkirche. Neu sind die standardmässigen Kirchenbänke mit Stühlen ersetzt worden. Und das rückwärtig integrierte Vereinszimmer war nun ein Kapellenraum, der mit Schiebeelementen gegen den Kirchensaal hin geöffnet oder geschlossen werden kann.

Dieses angepasste Notkirchen-Modell ist jedoch nur ein einziges Mal zur Ausführung gekommen – 1973 in der Gemeinde Bassersdorf ZH, welche kirchlich damals zur benachbarten Christkönig-Pfarrei Kloten gehörte. 1972 nahm diese ein neues Pfarreizentrum in Betrieb, und die Bassersdorfer Katholiken wünschten sich für ihre ebenfalls gewachsene Glaubensgemeinschaft eine eigene Kirche. Da jedoch die Schuldlast wegen des neuen Zentrums in Kloten noch immer hoch war, entschied sich die Gemeinde für eine kostengünstige Fastenopferkirche des Zuger Architekten.

Am 15. Dezember 1973 weihte der damalige Churer Bischof Johannes Vonderach die erste – und zugleich letzte – überarbeitete Brütsch-Kirche ein. Sie steht unter dem Patrozinium des heiligen Franziskus von Assisi.

Äusserlich ist der 1983 zur Pfarrkirche Bassersdorf-Nürensdorf erhobene Elementbau so gut wie unverändert geblieben. Im Inneren erfolgte 2016 und 2017 eine Neugestaltung, nachdem gegenüber der Kirche kurz zuvor ein grosszügiger Pfarreitrakt errichtet worden war. Die ursprünglichen Räume hinter der Chorwand wurden zurückgebaut. Seither nimmt der Kirchenraum die gesamte Grundfläche ein, wirkt somit entsprechend grösser und einheitlicher.

Die Pfarrkirche St. Franziskus von Basserdorf-Nürensdorf war und ist die letztgebaute Fastenopferkirche aus der Hand des Zuger Architekten Hanns Anton Brütsch. Sie steht in einem ruhigen Wohnquartier zwischen Bahnhof und Dorfzentrum. (Text von Andreas Faessler)