Die pure Freude an der Musik

Musik

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Gestern hat das letzte Konzert in der Shedhalle stattgefunden. Die LGT Young Soloists sorgen für ein volles Haus und begeisterte Zuhörer. Das liegt vor allem an ihrer Unbeschwertheit.

  • Die erst 15-jährige Niederländerin Mayte Levenbach (Mitte) beeindruckt an der Violine. (Bild Werner Schelbert)
    Die erst 15-jährige Niederländerin Mayte Levenbach (Mitte) beeindruckt an der Violine. (Bild Werner Schelbert)

Zug – Bei Konzerten mit Nachwuchsmusikern ist es wie mit einer Wundertüte – man weiss nie so recht, was einen erwartet. Die Verpackung kann hübsch sein, der Inhalt weniger. Wenn es sich aber um die LGT Young Soloists handelt, dann ist schon aufgrund des Renommees fast klar, womit man rechnen darf: Musikgenuss auf hohem Niveau. Entsprechend hoch waren die Erwartungen, denn bereits letztes Jahr begeisterten die Musiker im Theater Casino: Das damalige Konzert endete mit Standing Ovations und vielen Zugaben.

Die Shedhalle in Zug war ausverkauft, die Idee der Sonntags-Matinee kam an. Auf dem Programm standen Werke von Camille Saint-Saens, Max Bruch, David Popper, Jean Sibelius und Pablo de Sarasate. Bereits zu Beginn hatten die Jugendlichen das Publikum auf ihrer Seite – mit der simplen, aber charmanten Tatsache, dass sich die meisten Solisten jeweils kurz direkt und unkompliziert vorstellten. Dies taten sie bescheiden – liest man die Lebensläufe der Künstler, sind diese teilweise schlicht unglaublich. Allen gemein ist, dass sie als hoch talentiert gelten und dieses (musikalische) Talent sich schon sehr früh zeigte.

Leidenschaft in allen Bereichen

Wie einfach oder schwierig diese Tatsache ist, lässt sich nur erahnen. Aber durch die musikalische Förderung und den Verbund bei den LGT Young Soloists sind die Teenager immerhin in derselben Peer Group. Dass diese Gruppe von Gleichgesinnten gut harmoniert, zeigte sich beim gemeinsamen Spielen. Was sofort auffiel, war die Leidenschaft der Musiker. Diese äusserte sich natürlich vor allem im Spiel, aber auch in der Mimik, im Auftreten und in der Interaktion mit dem Publikum. Manch etablierter Musiker könnte sich diesbezüglich eine Scheibe in Sachen «Wie trete ich im Jahr 2017 vor Publikum auf» abschneiden. Der Auftritt ist ein Teil, viel wichtiger aber ist das Können. Und dieses war beim gestrigen Konzert schlicht umwerfend. Diese homogene Gruppe, die sich nonverbal bei schwierigeren Passagen gegenseitig unterstützte, diese Virtuosität – absolut faszinierend. Da war ein kleines Lächeln des einen Kollegen, wenn dem anderen es gelang, die vier Saiten der Violine genau so zum Klingen zu bringen, wie es sein soll. Oder die kollektive Freude daran, dass das Publikum die Leistung auch zu würdigen wusste. In Sachen Können sind die jungen Musiker allesamt bereits auf sehr hohem Niveau. Der Neuzugang Mayte Levenbach aus den Niederlanden beispielsweise ist gerade mal 15 Jahre alt – hätte man die Augen beim Konzert geschlossen, man hätte nicht gemerkt, dass da ein Teenager musiziert.

Nach den Niederlanden kam Deutschland: Silas Zschocke aus Berlin wäre als normaler Teenager wohl einfach Mädchenschwarm, auf der Bühne am Sonntag begeisterte er mit seiner Musik auf der Viola, genauso wie die nach ihm folgenden Musiker. Allesamt verfügten sie über eine hohe Musikalität und präzise Technik. Apropos Technik: David Nebel, der in der zweiten Hälfte des Konzerts seinen Solo-Auftritt hatte, beherrschte diese ebenfalls auf höchstem Niveau. Für ihn war der gestrige Auftritt vielleicht sogar noch ein bisschen schwieriger als für die anderen: Nebel stammt aus Zug, und bekanntlich ist ein Heimspiel nicht immer unbedingt von Vorteil. Obschon: Wenn man wie er bereits im Alter von 5 Jahren Violine spielt, hat man ziemlich sicher mit 21 – so alt ist der Künstler gemäss Website – schon sehr viele musikalische Erlebnisse hinter sich. Nervös oder gar angespannt wirkte der sympathische Zuger überhaupt nicht. Wie herausragend die Talente sind, lässt sich übrigens auch nachhören: Die LGT Young Soloists sind das erste Jugendorchester weltweit, die einen erfolgreichen Tonträger beim renommierten Klassiklabel RCA Red Seal (Sony) veröffentlicht haben.

Die Gnade der Jugend

Das Publikum war von David Nebel und den anderen begeistert, es kam wie erhofft zu mehreren Zugaben – und bei jeder Zugabe wurden die LGT Young Soloists noch ein wenig lockerer. Genau dieses Unangespannte und Unprätentiöse fehlt vielen adulten Musikern, was schade ist. Denn exakt jene Lebensfreude gilt es ja in vielen Fällen in der Klassik zu vermitteln, und es scheint ganz so, als ob man diese Unbeschwertheit nur in jüngeren Jahren mit einer derartigen Selbstverständlichkeit zu übertragen vermag. Zum endgültigen Abschluss kam es dann mit dem vom Theater Casino offerierten Apéro, denn das gestrige Konzert war das letzte in der Shedhalle. Einen würdigeren Abschluss hätte man sich kaum wünschen können. (Haymo Empl)