Ein Kreisel macht die Schraube

Dies & Das

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Kunst, die sich im Zentrum einer Strassenkreuzung aus der Erde bohrt: Der «Bossard-Kreisel» war komplizierter und aufwendiger herzustellen, als man vermuten würde.

  • Elegant windet sich die «Schraube» aus dem Erdreich empor und zeigt Richtung Eigentümerin. (Bild Andreas Faessler)
    Elegant windet sich die «Schraube» aus dem Erdreich empor und zeigt Richtung Eigentümerin. (Bild Andreas Faessler)

Zug – Es mutet elegant und dynamisch an, wie sich das Gebilde im sogenannten Bossard-Kreisel himmelwärts windet. Wo die Choller- die Steinhauserstrasse kreuzt, setzt diese Plastikskulptur einen gestalterischen Akzent. Es handelt sich zwar um Kunst im öffentlichen Raum, Auftraggeberin und Eigentümerin ist jedoch die bekannte Zuger Firma unmittelbar daneben, nach welcher der vielbefahrene Kreisel benannt ist. Anfang Januar 2004 schrieb das Unternehmen, welches Produkte und Dienstleistungen in der Verbindungs- und Montagetechnik anbietet, bei der Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK) Luzern einen Gestaltungswettbewerb für den Kreisel vor seiner «Haustür» aus.

Im September 2004 hat sich die Jury unter mehreren Vorschlägen für das Projekt von Monique Wittwer entschieden. Die gebürtige Liestalerin studierte damals in der HGK im Fachbereich Video. Ihre Skulptur «Bossard-Kreisel» stellt das Ende eines besonderen Schraubengewindes dar, welches den Boden durchbricht und ans Freie tritt. Sie ist gezielt so platziert, dass ihre Spitze in Richtung Bossard-Firmensitz zeigt. Trotz ihrer beachtlichen Höhe von gut 3,60 Metern und dem Gewicht von 700 Kilogramm wirkt die Skulptur von Monique Wittwer leicht und beschwingt. Dynamisch sei sie und erwecke beim Betrachter das Gefühl, mit in die Luft genommen zu werden, hiess es seinerzeit im Bericht der Fachjury.

Gefertigt ist die Schraube aus Kunststoff. Der Aufwand zeichnete sich als so beträchtlich ab, dass der Luzerner Kunstprofessor und Projektleiter Hans-Peter von Ah († 2011) die Firma Bossard gewarnt hatte, dass die Idee sehr schwer umzusetzen sei. Die Auftraggeberin beharrte aber auf der Ausführung. Aus Spanplatten und biegbarem Sperrholz wurde über drei Wochen hinweg ein kompliziertes Gerüst erstellt, welches schliesslich als Träger und Negativform der Skulptur diente. Dann wurde in der vorgefertigten Form mit Kunstfaserstoff Schicht um Schicht die «Schraube» aufgespritzt – mit dieser anspruchsvollen Aufgabe war das Luzerner Fachunternehmen Rudolf Glauser AG beauftragt worden. Das matte, opake (lichtundurchlässige) Material war für die Jury Anlass zur Diskussion, ob eine metallische Oberfläche die Idee einer aus der Erde dringende Schraube nicht besser transportieren würde. Auch seitens der Auftraggeberin zog man diese Art der Gestaltung in Betracht, doch blieb es schlussendlich beim heutigen Aussehen.

Am 17. Dezember 2004, nach rund 18 Monaten Entstehungszeit, wurde die fertige Skulptur per Helikopter durch die Luft zu ihrem vorgesehenen Standort transportiert. Im September 2007 überarbeitete man das bisherige Erscheinungsbild des «Bossard-Kreisels». Die Begrünung ersetzte man durch Schottersteine, sodass die Schraube seither aus einem rauen Grund hervorzubrechen scheint. Zudem wurde eine Beleuchtung installiert, damit die Skulptur nachts in weichem Licht erscheint.

Der «Bossard-Kreisel» ist eines von zwei Kunstobjekten unter freiem Himmel im Gewerbeviertel Sumpf/Choller, welche zugleich eine Art Aushängeschild einer Firma vor Ort sind. Das zweite dieser Art finden wir knapp 300 Meter weiter westlich an der Chollerstrasse: Balthasar Burkhards «Welle», die imposante Foto-Glas-Installation von 1996, welche die Wasserwerke Zug AG gegen aussen repräsentiert («Hingeschaut» vom 16. November 2016). (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut!» gehen wir Details mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach. Frühere Beiträge finden Sie online unter www.zugerzeitung.ch/hingeschaut.