Pracht und Prunk beim Bundesgericht

Dies & Das

,

Der Vorstand der Kolingesellschaft lud zur Besichtigung des Gebäudes des Bundesgerichts in Luzern. Die Teilnehmer waren von weit mehr als der historischen Fassade der Institution beeindruckt.

Zug – Der gut beratene Vorstand der Kolingesellschaft Zug lud zu einer Besichtigung, welche die wenigsten Vereinigungen in ihrer Agenda führen: Man benötigt einen kurzen Reiseweg und findet sich in einem stattlichen, repräsentativen Gebäude im Stil der Neurenaissance am Schweizerhofquai 6 zu Luzern wieder, seit 2007 Sitz der beiden sozialrechtlichen Abteilungen des Bundesgerichts, hervorgegangen aus dem eidgenössischen Versicherungsgericht, welches bis 1917 in der später an- und umgebauten Villa Schumacher beim «Montana» residierte.

Wie Führerin Helga Mathis berichtete, erstellte Gustav Mossdorf 1887 bis 1889 den symme­trischen dreiflügeligen Bau des Gotthardgebäudes im Auftrag dieser Bahngesellschaft auf 1600 Pfählen und 1100 Betonfundamenten für 120 000 Franken. Sie schilderte das Parterregeschoss aus Osogna-Granit, die Eingangshalle mit acht Säulen aus Wassen-Granit, die Kandelaber aus Carrara-Marmor, geschaffen durch Michelangelo Molinari aus Clivio, Provinz Como. Die Wände bestehen aus farbigem Marmorstuck (bemalte Holzrahmen). Lange Korridore mit Terrazzo­böden und als Zeitfenster mit seinerzeit gemalten Wänden, geschmückt mit prächtigen Fotografien Nils Novas von 2003, verbinden das zentrale Treppenhaus mit den Gebäudeflügeln.

Ein Pfeiler eidgenössischer Gerichtsbarkeit

Im neu erstellten nüchternen und diskreten Gerichtssaal mit klar strukturierten Pulten aus Eichenholz und modernen technischen Einrichtungen resümierte Mathis’ Geschichte und Funktionen der eidgenössischen Gerichtsbarkeit mit dem 1848 installierten Bundesgericht in Lausanne, dem Bundesstrafgericht in Bellinzona, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundespatentgericht, beide ins St. Gallen situiert.

Das Versicherungsgericht seinerseits bildet die letztinstanz­liche richterliche Behörde im gesamten Bereich des Bundes­sozialversicherungsrechts, zu dessen Fortbildung es mit über 125 000 Entscheiden wesentlich beigetragen hat. Mit Genugtuung unterstrich sie die trotz mittlerweile erfolgter Eingliederung in das Bundesgericht gestoppte Dislokation in die VD-Kapitale! Hierzu hat auch die Domizilierung der Suva und weiterer einschlägiger Institutionen im Raume Luzern verholfen. Hier urteilen sechs Herren und vier Damen, gesamthaft beschäftigt das Gericht 100 Personen.

Die Mitglieder der Kolingesellschaft bestaunten den sogenannten Gotthardsaal, auch heute noch ein Prachtraum des Historismus, dessen aus Nussbaumholz geschaffenes Interieur ein reich verziertes Brusttäfer mit Nischen im Stil der Neurenaissance umfasst. Die darüber angebrachten gobelinartigen Stoff­malereien zeigen landschaftliche Szenen von Kunstbauten der Gotthardbahn. Hier empfing die in der Stadt Zug wohnhafte, für die Amtsdauer 2015 bis 2020 erkorene Bundesrichterin Margit Moser-Szeless die Gäste, beantwortete schlagfertig zahlreiche Fragen und erklärte die gericht­lichen Mechanismen, wobei die grossmehrheitlich in Dreiergruppen bei Grundsatzentscheiden getätigte Rechtsprechung strikt unabhängig erfolgt. Sie verfügt über eine breite Erfahrung im Sozialversicherungsrecht, hat als Gerichtsschreiberin gewaltet, hernach als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Zuständigkeit für Ausbildung des Fachpersonals. Besonders beeindruckte die Teilnehmenden die Aussage Margit Mosers, bei allen zirka 350 jährlich zu bearbeitenden Dossiers weise sie der menschlichen Dimension eine wesentliche Bedeutung zu.

Für die Kolingesellschaft Zug:

Jürg Johner