Greth Schell lässt die Orangen fliegen

Brauchtum & Geschichte

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Am Güdelmontag lockte der über 300-jährige Brauch mehrere Hundert Menschen in die Zuger Altstadt.

  • Viele Kinder haben sich in der Altstadt versammelt – und schreien aus voller Kehle. (Bilder: Stefan Kaiser)
    Viele Kinder haben sich in der Altstadt versammelt – und schreien aus voller Kehle. (Bilder: Stefan Kaiser)
  • Viele Kinder haben sich in der Altstadt versammelt – und schreien aus voller Kehle. (Bilder: Stefan Kaiser)
    Viele Kinder haben sich in der Altstadt versammelt – und schreien aus voller Kehle. (Bilder: Stefan Kaiser)

Zug – Plötzlich geht es los. Mit rotem Halstuch, Schirmkappe und Schürze betritt die Zunftmusik den Balkon des Casinos Zug, unter dem als Piraten und Clowns verkleidete Kinder Fangen spielen. Witzig-freche Märsche spielen die Männer für das Publikum, das sich bereits kurz vor 16 Uhr auf dem Vorplatz eingefunden hat.

«Die Atmosphäre ist im Vergleich zu den grossen Umzügen familiärer», sagt eine junge Mutter, während sie ihre zwei Kinder im Vorschulalter mit Apfelschnitzen versorgt.

Die dem Anlass zu Grunde liegende Geschichte des Greth Schells habe sie ihren Schützlingen bereits erzählt. Diese waren ganz verblüfft: «Wie kann die Frau einen Mann tragen?»

Ein Spass auch für Eltern

Der traditionelle Greth-Schell-Umzug am Güdelmontag lockt mehrere Hundert Menschen in die Zuger Altstadt. Die Zunft der Schreiner, Drechsler und Küfer der Stadt Zug organisiert den Anlass zum 303. Mal.

Zunächst scheint es, als hätten die Eltern am meisten Spass: Fotos hier, Videos da. Doch als die Kinderbescherung beginnt, treten die Kinder in Aktion: «Greth-Schällebei» schreien sie. Es ist der Code zum Ergattern von Orangen, Mutschli, Würstchen und Zunfttaler. Verteilt von weiteren, diesmal im schicken Anzug gekleideten Zunftmitgliedern. «Lüüter wämmers ghöre!», rufen sie nach unten. Es regnet Süssigkeiten.

(Fast) alle bekommen eins auf den Kopf

Und die eher älteren Herren der Zunft wissen, wie man zielt. Denn auf der anderen Strassenseite – eine Spur wird von den Verkehrskadetten abgesperrt – ergattern sogar zwei Angestellte in ihrer Büropause eine der begehrten Orangen.

Nachdem sich die vielen mitgebrachten Taschen langsam gefüllt haben, kommen die sieben Löli zum Zug. Zusammen mit den Anwesenden bilden sie den Umzug, der sich seinen Weg durch die Altstadt bahnt. Das Geschrei der Kinder ist weiterhin ohrenbetäubend – denn auch die Löli verteilen Süssigkeiten. Den Hieben ihrer Süüblateren (Schweinsblasen) entgehen weder Alt (inklusive des Schreibenden) noch Jung. «Muesch ned Angscht ha», sagt eine andere Mama zu ihrem Buben, der sich erschreckt an sie klammert.

Schliesslich kommt die Menschenmenge beim Greth-Schell-Brunnen zum stehen, bei dem nochmals die Zunftmusik aufspielt und heisser Punsch ausgeschenkt wird. Die Figur auf dem Brunnen liess sich – wie der Umzug – von der Legende inspirieren. Diese besagt, dass das Stadtoriginal Margarethe Schell im 18. Jahrhundert ihren Mann im Wirtshaus abholte und ihn auf dem Rücken nach Hause schleppte. Begleitet wurde sie von den Löli, den angeheiterten Saufkumpanen ihres Mannes. (Text von Fabian Gubser)