Klangkulissen gehen auf Wanderschaft

Musik

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Das Reich der Töne ist fast unerschöpflich. Die 3-Klang-Tage versprechen auch dieses Jahr wieder besonders vielseitige Sounderlebnisse.

  • Quido Sen bereitet im Burgbachkeller eine der Klangperformances vor. (Bild Werner Schelbert)
    Quido Sen bereitet im Burgbachkeller eine der Klangperformances vor. (Bild Werner Schelbert)

Zug – Stellen Sie sich vor, Sie spazieren vom Bahnhof Baar in die Zuger Altstadt. Um den Weg zu verkürzen, legen sie die Strecke von der Pfarrkirche St. Martin bis zur Kirche Guthirt im Bus zurück. Alles andere zu Fuss. Und stellen Sie sich all die Geräusche vor, die auf dem Weg an Ihr Ohr dringen: Baustellenlärm, schwatzende Menschen, Motorenbrummen, Kirchengeläut ... Alle Laute haben eine Quelle, sind per se gefesselt an ihre Ursache. Doch jetzt werden diese Geräusche davon losgebunden, von ihrer Quelle völlig entkoppelt. Plötzlich klingen sie an einem ganz anderen Ort.

Kanalisationsrohr als Schallträger

Das Projekt «Klangtransport» ist Teil der diesjährigen 3-Klang-Tage. Federführend ist der Tonkünstler Quido Sen. Geboren in Mährisch Ostrau, lebt und wirkt er seit vielen Jahren in Zug. Projektpartnerin ist seine Heimatgenossin Sylvia Smejkalová. Den beiden dient ein langes Kanalisationsrohr als Schallträger. Transportiert von beiden Künstlern, erfasst dieses in unterschiedlichen Zeitabständen Geräusche, speichert sie mittels elektronischer Installation via Mikrofon und spielt sie zeitversetzt wieder ab. Klangproben unterschiedlicher Zeitpunkte werde dabei kombiniert und sporadisch mit weiteren Geräuschen angereichert.

Ähnlicher Natur ist das Konzeptstück «(Zug) Memory Space» des amerikanischen Klangkünstlers Alvin Lucier, das gleichsam Titel der heurigen 3-Klang-Tage ist. An unterschiedlichen Orten in Zug fassen die Mitwirkenden Geräusche auf und spielen sie schliesslich am Konzert mit Hilfe von Gedankenstützen auf Instrumenten nach. Die inhaltliche Bedeutung von «Memory Space» Erinnerung, Andenken, Raum – zieht sich faktisch durch das ganze Programm der diesjährigen 3-Klang-Tage. Gar einen Exkurs in den Weltraum gibt es denn auch zu erleben, wenn Quido Sen und Pelayo Arrizabalaga eine Begegnung von russischen und amerikanischen Astronauten im All bildlich und klanglich dokumentieren. Gemeinsam blicken sie aus der Distanz auf Mutter Erde.

Oder wie nimmt das Ohr es wahr, wenn eine Cellistin langsam den Tonhöhenbereich ihres Instruments ändert und auf diesem Wege die Resonanzen von Vasen auslotet?

Es sind nur Auszüge aus dem reichhaltigen Programm der 3-Klang-Tage, das auch genügend Gelegenheit bietet, ins Reich des klanglichen Abstrahismus abzudriften oder sich durch rein gesprochene Performances packen zu lassen. Was die «Schirmherrin» Hildegard Kleeb, Zuger Musikerin, besonders freut: «Auch dieses Jahr sind viele Zuger Künstler mit von der Partie.» In der Tat, aus der Region sind dabei: Hildegard Kleeb selbst, Céline-Giulia Voser, Cyrill Lim, Roland Dahinden, Naemi von Orelli, Dorothy Mosher, Lara Stanic, Jasmin Lötscher und Beat Unternährer. Einige Gastmusiker reisen fürs Klangfestival aus der Romandie an, um zu performen.

So mannigfaltig und scheinbar grenzenlos die Möglichkeiten der Klangkunst auch sind der Grundgedanke der Zuger 3-Klang-Tage bleibt derselbe: die Welt der Töne stets neu erfahren, neues entdecken. Ein einziges Klangerlebnis, drei Tage lang. (Andreas Faessler)

 

Die 3-Klang-Tage

PROGRAMM. Die 3-Klang-Tage 2014 «Memory Space» finden auch dieses Jahr wieder im Theater im Burgbachkeller statt (*).

Freitag, 14. Nov., 20 Uhr:

  • 947 (Alvin Lucier), for flute with pure wave oscillator
  • Wings (Cathy van Eck), an acoustic feedback performance
  • (Zug) Memory Space (Alvin Lucier)
  • On met les phr- (Vincent Barras & Jacques Demierre

Samstag, 15. Nov. 20 Uhr:

  • The Great Storage (Duo Radial)
  • Music for Cello an one or more amplified vases (Alvin Lucier)
  • Play (Mio Charetau)
  • Waves (Mio Charetau)

Sonntag, 16. Nov., 19 Uhr:

Theme (Alvin Lucier), for four readers with amplifies sonorous vessels

  • Als Jurij Gagarin John Glenn traf (Pelayo Arrizabalaga & Quido Sen)
  • I remember (Alvin Lucier), for performers with resonant objects

(*) Das Projekt «Klangtransport» am Samstag startet um 14.30 Uhr beim Bahnhof Baar und endet um ca. 16 Uhr im Burgbachkeller.