Ein seltenes Zusammenspiel von Harfe und Klavier

Musik

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Im Lassalle-Haus waren Stücke von Carl Rütti zu hören - sie hatten einen ganz eigenen Stil.

  • Zeigten ihr Können: Praxedis Geneviève Hug am Klavier und Praxedis Hug-Rütti an der Harfe. (Bild Werner Schelbert)
    Zeigten ihr Können: Praxedis Geneviève Hug am Klavier und Praxedis Hug-Rütti an der Harfe. (Bild Werner Schelbert)

Edlibach – Am Anfang stand ein Loch: Um 1978 suchte Carl Rütti vergeblich nach einem passenden Stück für Harfe und Klavier, sodass er sich kurzerhand zur Eigenkomposition entschloss. Als Hintergrund diente ihm das lyrisch-resignative Gedicht «Zähle die Mandeln» von Paul Celan, dessen vier Strophen er in sieben kurzen Stimmungsbildern umsetzte. Schon in diesem mehr als 30 Jahre zurückliegenden Werk hatte der Komponist seinen unverwechselbaren Stil gefunden.

Ein aktiver Kirchenmusiker

Mit der Wiedergabe im Lassalle-Haus (Bad Schönbrunn/Menzingen) durch Praxedis Hug-Rütti (Schwester des Komponisten, Harfe) und ihre Tochter Praxedis Geneviève Hug (Klavier) ergab sich die grösstmögliche Authentizität in der Interpretation wie von selbst. Dies gelang umso besser, als beide Interpretinnen das ganze Programm mit grosser musikalischer und technischer Souveränität gestalteten. Kurze Gedichte inspirierten Carl Rütti zu der viel späteren Suiten-artigen Komposition «Der Tanz des Gehorsams». Die autobiografisch gefärbten Gedanken von Silja Walter umspielten in insgesamt positiver Weise den Eintritt und das Sichfinden im Kloster. Die ursprünglich für Harfe und Orgel geschriebene Komposition zeigte den aktiven Kirchenmusiker, der auch theologisch voll hinter der Sache steht. Hier dominierte in den ersten vier Sätzen ganz entschieden die Harfe, während sich das Tasteninstrument mit wenigen stützenden Akkorden begnügen musste. Erst mit dem Einsatz der Ostersequenz «Victimae paschali laudes» des fünften Satzes verschoben sich die Akzente.

Harfe mit weniger Volumen

Die beiden Kompositionen deuteten aber auch an, warum es so schwierig ist, ein Duo für die beiden Instrumente zu komponieren. Die moderne Pedal-Konzertharfe verfügt in einem weiten Tonumfang über alle Tonarten mitsamt den chromatischen Erweiterungen. Der Klang gleicht stark dem modernen Klavier, viel weniger demjenigen der Cembalo-artigen Tasteninstrumente, als die Besetzung noch häufiger vorkam. Gleichzeitig kann jedoch nicht nach der Manier eines Werks für zwei Klaviere komponiert werden, weil die Harfe in den mittleren und tieferen Lagen des Forte vom Volumen her nicht mithält. Im Frühwerk stellte Carl Rütti den Klang der beiden Instrumente meist nebeneinander statt übereinander, und als zusätzliche Spielmöglichkeit bereicherten in der Harfenstimme zahlreiche Glissandi.

Erst bei den letzten Sätzen der zweiten Komposition erschienen die beiden Stimmen über grössere Strecken gleichzeitig, und die Harfe vermochte sich im Forte prompt nur in jenen Passagen zu behaupten, wo gehaltene Akkorde des Klaviers von ihr mit Arpeggien ausgefüllt wurden.

Leidenschaftliche Variationen

Zwei Solostücke ergänzten das Programm: «Under der Linden» nach einem mittelalterlichen Gedicht (Walter von der Vogelweide) begann die Harfe mit schlichter harmonischer Untermalung der überlieferten alten Melodie und steigerte sich dann zu vier immer leidenschaftlicheren Variationen, welche der Komponist zur Hochzeit seiner Schwester geschrieben hatte. Mit auffallend hoher Haltung der Handgelenke, aber gleichzeitig sehr differenziertem Anschlag interpretierte die Pianistin zwei Sätze aus der vor ungefähr zehn Jahren entstandenen Komposition «Vier Elemente», wobei sie auch der hohen Virtuosität des Schlusssatzes nichts schuldig blieb.

Die während des Apéros angebotene CD enthält das ganze am Konzertabend gespielte Programm und jene zwei Sätze der «Vier Elemente», welche am Konzert nicht vorgetragen wurden. Nicht enthalten sind allerdings die drei als Zugabe gespielten Weihnachtslieder, als umgestaltete Form eine Uraufführung. (Jürg Röthlisberger)