«Im Weinberg Gottes ...»

Brauchtum & Geschichte

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Die Weinrebenkapelle Hünenberg feierte am 2. Juli, dem Tag ihrer Patronin Mutter zum guten Rat, das traditionelle Chäppelifest. Ort und Fest haben wie eine Münze zwei Seiten: eine religiös-spirituelle und eine winzerische.

  • Es herrschte eine gute, schöne Stimmung am Fest rund um die Weinrebenkapelle. (Bild Maria Schmid)
    Es herrschte eine gute, schöne Stimmung am Fest rund um die Weinrebenkapelle. (Bild Maria Schmid)

Hünenberg – Die Weinbergkapelle Hünenberg liegt am westlichen Rand der Gemeinde hoch über dem Reusstal mit einem grandiosen Ausblick von fast 180 Grad weit ins Freiamt hinaus und ist mit ihrer 260-jährigen Geschichte ein spirituell-energetischer Ort der Kraft. Besonders ist aber auch, dass zu ihren Füssen ein kleiner Rebberg liegt, der von der Gemeinde und der privaten Chäppeli-Genossenschaft unterhalten wird.

Seit 1762 ist die Kapelle der Mutter vom guten Rat geweiht, und deshalb wird immer Anfang Juli, um den Patronatstag herum, das Chäppelifest gefeiert – mit Gottesdienst, Apéro und gemütlichem Beisammensein mit Kulinarik und musikalischer Unterhaltung. Dabei darf natürlich der «Chäppeli-Wy» nicht fehlen. Führungen durch den Rebberg ergänzen das Programm.

Auch dieses Jahr zog das Fest viele Menschen an. Der Gottesdienst wurde im Freien gefeiert, wegen des unsicheren Wetters unter einem extra aufgestellten Zeltdach neben der Kapelle. Gemeinde- und Pastoralraumleiter Christian Kelter zelebrierte zusammen mit Pater Albert Nampara die Messe, die Gläubigen sassen auf Festbänken um den Altar, und der Hünenberger Kirchenchor Heilig Geist verschönerte die Feier. Schon von weitem waren auch die beiden Alphörner des Duos Richi & Leo zu hören, Besinnlichkeit, Sehnsucht und Verwurzelung ausströmend.

Auf biologischen Anbau umstellen

Gegen Ende der Messe trat Thomas Suter, gemäss Chäp­peli-Statuten der «Pfleger» der Genossenschaft, ans Mikrofon und orientierte über einen Wechsel im Weinbergbetrieb: Die Rebenfläche, die zu zwei Dritteln von der Gemeinde und zu einem Drittel von der Chäppeligenossenschaft gepflegt wird, soll umgestellt werden auf biologischen Anbau.

Hohe Priorität erhält auch die För­derung der Biodiversität. Im anschliessenden Gespräch schilderte er, mit welchen konkreten Massnahmen dies umgesetzt wird: Anlegen von Asthaufen und Trockenmauern, Pflanzung von kleinen Hecken und Wildblumenunterwuchs. Ein ökologischer Gewinn auch für die Häuser und Gärten im Umkreis. Zur anschliessenden Weinbergführung lud Werner Schuler, Ak­tuar der Genossenschaft und, gemäss Suter, «fürs Mähen zuständig».

Vor der Kapelle, mit Blick über die Reben, gab er einen Abriss über die winzerische Geschichte des Ortes, erzählte, wie mit dem Import amerikanischer Trauben im 18. Jahrhundert Pilzkrankheiten den europäischen Weinbau zerstörten. Auch nach der Erholung ab 1900 blieben die Resistenzen, gegen die im 20. Jahrhundert synthetische Pflanzenschutzmittel zur Anwendung kamen, die schwer abbaubar sind. Im Chäppeli-Rebberg sucht man nun wie vielerorts neue Wege mit sogenannten Piwi- (pilzwiderstandsfähigen) Sorten.

Der weinkundige Pfarrer

Pfarrer Christian Kelter, der seit 19 Jahren in Hünenberg lebt und arbeitet, spielt dabei eine besondere Rolle. Im deutschen Ahrtal «zwischen Reben grossgeworden» und bei der Berufswahl zwischen Theologie und Winzern schwankend, wie er im Gespräch schmunzelnd erzählte, hat am 1. Januar 2023 zusammen mit Xaver Werder die Pacht des Gemeindeanteils am Weinberg übernommen. Die nötigen önologischen Kenntnisse erwarb er in einem Kurs im Weinbauzentrum Wädenswil, aber auch «learning by doing» mit ein paar Reben bei der Kirche, mit denen die beiden zukünftigen Winzer seit vier, fünf Jahren praktische Erfahrungen sammeln konnten.

Für Kelter hat das Weinmachen etwas Gemeinschaftsbildendes, und deshalb ist das Chäppelifest vor zwei Jahren mit einem Mittagessen ausgebaut worden. Kapelle und Rebberg scheinen zusammen eine lebendige Zukunft zu haben – als Ort physischer, sozialer und seelisch-spiritueller Labung. (Text von Dorotea Bitterli)