Kompetenzzentrum statt Museum
Dies & Das
Die Bürgergemeinde Unterägeri will ihre Ortskundliche Sammlung der Bevölkerung zugänglich machen. Weil das ursprüngliche Projekt zu teuer war, ist nun ein Depot mit öffentlichem Angebot geplant.
Unterägeri – Eigentlich hätte das Ägerital ein richtiges Museum auf zwei Stockwerken in der Überbauung Euw der Bürgergemeinde Unterägeri erhalten sollen. Im Untergeschoss war ein Depot für die Sammlung aus Haushalt, Handwerk, Gewerbe und Landwirtschaft aus dem Tal geplant, im Erdgeschoss eine Dauerausstellung, welche die Geschichte des Ägeritals erzählt. Zurzeit ist die rund 5000 Gegenstände umfassende Sammlung der Bürgergemeinde in mehreren Depots untergebracht.
Doch daraus wurde nichts. «Es ist an der Finanzierung gescheitert», sagt Projektleiterin und gebürtige Oberägererin Stephanie Müller. Sie hat zusammen mit externen Fachpersonen und der Ortskundlichen Fachgruppe der Bürgergemeinde ein Ausstellungskonzept erarbeitet. Für die Gemeinden Unter- und Oberägeri sei das Vorhaben zu teuer gewesen. Dass man das Geld für einen neuen Kulturort im Ägerital, ein «Aushängeschild», wie Müller es formuliert, nicht in die Hand habe nehmen wollen, findet sie «sehr schade».
Konzept wurde redimensioniert
Aber eigentlich will Müller nicht zurück, sondern nach vorne schauen. Denn mittlerweile liegt ein überarbeitetes Konzept vor, das kürzlich an einem Info-Anlass den Gemeinden, lokalen Vereinen, kulturhistorischen Institutionen und Interessierten vorgestellt wurde. Im Untergeschoss der Überbauung Euw sind demnach zum einen Räumlichkeiten für die Sammlung vorgesehen, die in Kompaktusanlagen – verschiebbaren Regalen – aufbewahrt werden soll. «Richtig gelagert und quasi ‹für die Ewigkeit›», ergänzt Müller.
Zum anderen wird es, ebenfalls im UG, Arbeitsplätze sowie Raum für die Vermittlung geben. Hier sollen Veranstaltungen stattfinden, etwa Workshops für Erwachsene oder Schulklassen, wobei man Objekte der Sammlung auch experimentell kennenlernen kann. Die Schulprogramme sollen dabei in Zusammenarbeit mit den Ägeritaler Schulen entwickelt werden, die Durchführung von Workshops könnten auch externe Fachleute übernehmen.
Diese Örtlichkeiten sind aber nur das eine. «Wir wollen auch raus gehen ins ganze Ägerital», sagt Müller. In Zusammenarbeit mit lokalen kulturhistorischen Institutionen und Vereinen sollen auch an
anderen Orten Veranstaltungen mit Bezug zur Ägeritaler
Geschichte durchgeführt werden, etwa Ausstellungen, Lesungen, Podiumsdiskussionen oder Führungen. «Das ist eine neue, innovative Idee, die es so in der Museumslandschaft noch kaum gibt», sagt Müller. Man greife damit auch auf die kulturellen Veranstaltungen «Freilicht Museum quer durchs Ägerital» und «Talmuseum auf Zeit» zurück, welche die Bürgergemeinde in den Jahren 2005 bis 2015 durchführte.
Fachperson für Professionalisierung
Klar ist: Mit dem ursprünglich geplanten Museum mit regelmässigen Öffnungszeiten hat das, was entstehen soll, nicht mehr viel zu tun. Reguläre Öffnungszeiten wird es keine geben, dafür öffentliche und buchbare Angebote. Der Standort in der Überbauung Euw diene vielmehr als «Basispunkt», als Kompetenzzentrum, von dem aus das kulturhistorische Erbe des Ägeritals erlebbar gemacht werden soll.
Geplant ist auch die Anstellung einer musealen Fachperson im 60-Prozent-Pensum, die sich neben der Geschäftsleitung um Vermittlung, Sammlung und Ausstellungen kümmern soll. «So soll eine Professionalisierung stattfinden», sagt Müller. Aktuell kümmern sich interessierte und engagierte Freiwillige unter der Leitung der Ortskundlichen Fachgruppe um die Sammlung.
Die Betriebskosten sollen zum grösseren Teil von den Gemeinden Unter- und Oberägeri übernommen werden. Definitiv ist die Zusage aber noch nicht: Die Exekutiven der beiden Gemeinden müssen die Posten noch ins Budget aufnehmen und dieses wiederum müsse an den Gemeindeversammlungen angenommen werden, so Müller.
Das neue Konzept ist breiter abgestützt
Sie ist aber zuversichtlich. Das neue Konzept sei breiter abgestützt, auch die beiden Gemeinden seien über den Kulturbeauftragten Andreas Betschart in die Projektgruppe involviert gewesen. «Es ist nicht mehr nur ein Projekt der Bürgergemeinde Unterägeri», so Müller. Zudem sei das Konzept am Info-Anlass auf grosses Interesse gestossen. «Das Projekt wurde sehr positiv aufgenommen, denn es passt gut zur Kultur und Identität des Ägeritals. Auch die angedachten Kooperationen kamen gut an.»
Wie geht es weiter? Bis Ende Jahr sollen sich Verein und Vorstand konstituieren, im Frühjahr 2026 soll die Finanzierung gesichert sein. Die Eröffnung ist für Sommer 2027 vorgesehen. Bis dahin müssen die Räumlichkeiten ausgebaut und die Sammlung gezügelt werden. Auch der Name ist noch nicht definiert. Klar ist nur: «Museum» will man es nicht nennen. «Die grösste Arbeit kommt erst noch», sagt Müller.
HinweisKulturhistorische Institutionen und Vereine des Ägeritals, die an einer Zusammenarbeit interessiert sind, dürfen sich bei Projektleiterin Stephanie Müller melden
(hallo@stephanie-kuratiert.ch). Eine Kooperation in Form einer Mitgliedschaft wäre ohne finanzielle Verpflichtung und Haftung möglich. (Text: Tobias Söldi)