Junger Künstler tanzt auf Knopfdruck
Theater & Tanz
Am Young Dance Festival Zug trat die Kompanie Zeitsprung aus Zürich mit dem Stück «Jukebox Dancer» auf.
Zug – «Hier ist der ultimative Performance-Automat! Du wirfst eine Münze in den Schlitz, wählst per Knopfdruck einen Song aus und bekommst ein Musikstück inklusive Live-Choreografie serviert!» So kündigte das Young Dance Festival Zug den Auftritt von Kilian Haselbeck am Freitagabend an. Der junge Tänzer Haselbeck ist der eine Teil der 2013 gegründeten Kompanie Zeitsprung. Zusammen mit Meret Schlegel, die auf eine lange Karriere als Tänzerin, Tanzlehrerin und Dramaturgin zurückblickt und während elf Jahren das Tanzhaus Zürich leitete, hat er inzwischen unzählige Werke entworfen – auf nationalen und internationalen Bühnen und in Kollaboration mit anderen Künsten und Künstlerinnen. Die erste gemeinsame Choreografie «Orthopädie or to be» erhielt 2015 den Schweizer Tanzpreis.
Ihr jüngstes Stück «Jukebox Dancer» entstand als Teil von «Dance on Tour» während des Tanzfestes im Mai 2024. Und nun war «Jukebox Dancer» durch das Young Dance Festival auch nach Zug eingeladen worden. Man durfte gespannt sein.
Vorbild ist ein Spielautomat
Der «Freiruum» an einem warmen Herbstabend: Viele Menschen sitzen entspannt im Freien, essen, trinken, spielen Karten. Zwischen ihnen ist ein Würfel aus Glas aufgestellt, etwa so gross wie ein kleines Wohnzimmer. Ein junger Mann steht darin, zieht die weissen Vorhänge auf und zu, lüftet mittels kleiner Fensterluken. Rechts eine Musikanlage und dahinter ein Kleiderständer mit vielen bunt glitzernden Klamotten. «Jukebox» ist oben angeschrieben. Darunter befinden sich zwei Holzleisten mit elf farbigen Knöpfen, und unter jedem Knopf steht mit wandernder Leuchtschrift, was man damit wählen kann. Vorbild ist also ein Spielautomat.
Gegen 19 Uhr stellen sich immer mehr Kinder erwartungsvoll vor dem Kasten auf. Die Gäste an den Tischen werden aufmerksam. «Guetä Abig – seid ihr ready?» begrüsst Kilian Haselbeck das Publikum mittels Mikrofon aus dem Innern der Box. Und schon drückt eines der Kinder den ersten Knopf namens «Zombie». Sofort erklingt stampfende Musik und der Performer verkrümmt und wälzt sich auf dem Boden, verlässt das Glashaus und tigert, angetan mit goldenen Leggings, zwischen die Kinder, die lustvoll kreischend zurückweichen. Nach dem ersten zaghaften Applaus zieht sich Kilian in die Box zurück, hängt ein Schild «recharching» ans Fenster und zieht sich um.
Acht Mal schlüpft der Tänzer in eine andere Rolle
Als er das Schild «ready» hinaushängt, wird der rote Knopf «Naugthy Girl – böses Mädchen» gedrückt. Ein Song mit diesem Titel ertönt, und Haselbeck wird zur schwarz gekleideten Verführerin mit tiefem Décolleté und nackten Beinen – genüsslich mit den Gendergrenzen spielend.
So geht es weiter: Insgesamt acht Mal schlüpft der Tänzer – immer auf Knopfdruck – in eine andere Rolle zu anderer Musik. Mit «I want to dance with somebody» lädt er die Kinder zum Mittanzen in die Box ein. «Moonwalker» ist eine Michael-Jackson-Imitation mit schwarzem Hut. «Funk your ass» gerät zum Striptease mit vielen Rauchschwaden. Zum Schluss wechseln Musik und Stimmung: «Swan dance – Ballerina» mit rosa Tütü, Ballettposen, Pirouetten und Arabesken erzählt in wenigen Minuten das Schicksal des Schwans, der schliesslich mit zitternden Gliedern sterben muss.
Die Performance war für Kinder «ab 8 Jahren» ausgeschrieben. Haselbecks Glasbox wurde jedoch von so vielen Kleinen auch im Vorkindergartenalter umdrängt, angefasst und fast auseinandergenommen, dass er einmal mahnen musste, «nur immer einen Knopf aufs Mal zu drücken» und dabei vorsichtig zu sein. Am Ende hatte sich die Menge um ihn fast geschlossen und applaudierte kräftig. (Text: Dorotea Bitterli)