Ein Zugang zur Kultur für Menschen mit Demenz

Vermittlung, Musik

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«Souvenir» heisst die Konzertreihe der Kammer Solisten Zug, die speziell auf demente Menschen zugeschnitten ist. Das Ensemble kommt damit einmal mehr seiner Mission der Vermittlung nach.

Zug – Jeder Mensch hat das Recht auf Kunst und Kultur, denn sie ist ein Grundpfeiler der Gesellschaft, verbindet, eint, schlägt Brücken, erfüllt somit einen kost- und unverzichtbaren Auftrag. Darum ist es zentral, dass auch gesundheitlich angeschlagene oder Menschen mit Einschränkung Zugang zu Kunst und Kultur erhalten. Und genau da legen die Kammer Solisten Zug grossen Wert darauf: Das Ensemble spricht Vermittlung eine hohe Bedeutung zu – auf mehreren Ebenen.

Im Frühling 2022 hat Stefan Buri, künstlerischer Leiter der Kammer Solisten Zug, die Musikreihe «Caruso und seine Freunde» ins Leben gerufen. Kater Caruso kennt man in Zug seit Jahren als das Ensemble-Maskottchen, welches Kinder auf niederschwellige Art und Weise an klassische Musik heranführt. Die neue Reihe, bei der jetzt Carusos Freunde – sprich weitere Plüschtierchen – mitmischen, ist in Zusammenarbeit mit der Luzerner Stiftung Maihof entstanden. In der Stiftung finden Menschen mit Einschränkung ein Lebens- und Arbeitsumfeld. Auf Menschen wie sie ist das Konzept zugeschnitten.

«Wir möchten insbesondere diejenigen erreichen, welche bisher nur selten oder gar keine Möglichkeiten hatten, an kulturellen Anlässen wie etwa einem Konzert teilzunehmen», sagt Buri. Er sei durch seine 30-jährige Tätigkeit als Orchestermitglied des Sinfonieorchesters Basel weit herumgekommen und immer neugierig gewesen. «Meine grosse Erfahrung möchte ich mit aller Energie in diese Ideen stecken. Sie sind eine grosse Herausforderung. Zwar sind Inklusion und Demenz als Worte gern gebraucht und die Themen sind heute in der Kulturszene omnipräsent. Man spricht darüber, aber tut wenig.»

Konzerte zum Mitsingen und Mitmachen

Nach «Caruso und seine Freunde» hat Stefan Buri nun eine weitere besondere Konzertreihe aus der Taufe gehoben: «Souvenir, Lebensgeschichten mit Musik» ist ein Inklusionsprojekt, das sich an betagte Menschen, vor allem solche mit Demenz, richtet. «Es soll eine kulturelle Teilhabemöglichkeit sein, bei der die Programmgestaltung wie auch die Ansprache des Publikums und die Zugänglichkeit auf diese Menschen zugeschnitten ist», so Buri.

Mit dem Festsaal des Theaters Casino ist die Wahl auf einen idealen Austragungsort mit Barrierefreiheit gefallen, und das gesamte Konzertkonzept ist von der Begrüssung bis zum Schluss entsprechend durchdacht, wie Stefan Buri ausführt. Alterseinrichtungen erhalten das Musikprogramm vorab, damit die Möglichkeit besteht, es gemeinsam mit den Begleitpersonen zu verinnerlichen, vielleicht Lieder bereits in der Runde anzustimmen. An den Konzerten selbst bestehen Gelegenheiten zum Mitmachen und Mitsingen. «Dabei können wir auf die fachliche Unterstützung von Roman Della Rossa zählen. Er ist Heimleiter des Seniorenzentrums Mülimatt in Oberwil», sagt Buri.

Diese moderierten Konzerte umfassen denn auch nicht nur das Vortragen von Kompositionen und Liedwerken, sondern – wie es die Projektbezeichnung suggeriert – Geschichten des Lebens, sei es ein populäres Märchen oder die konkrete Erinnerung an einen bestimmten Abschnitt im Leben eines Menschen. Diese Geschichten sollen sich jeweils wie ein roter Faden durch den Anlass ziehen und Gelegenheit bieten, grundsätzlichen Fragen des Lebens nachzugehen. Das Erzählte wird musikalisch untermalt respektive transportiert und damit das Publikum abgeholt.

Es mangelt an innovativen Formaten

Letztendlich ist es das Ziel, beim Publikum Erinnerungen zu wecken, ihm ein ganzheitliches Konzerterlebnis in einem Wohlfühlambiente zu ermöglichen und den Eindruck zu vermitteln, dabei zu sein und mitmachen zu können. Für diejenigen Menschen, welche aus irgendwelchen Gründen das Konzert nicht vor Ort besuchen können, wird mittels modernster technischer Mittel ein Livestream eingerichtet.«Es gibt tatsächlich weit und breit keine innovativen Formate, die Menschen mit und ohne Demenz als Zielgruppe ansprechen wollen», sagt Stefan Buri hierzu. «Das hat mich persönlich herausgefordert.»

Premiere ist Mitte November

«Souvenir» ist vorläufig auf drei Jahre angelegt, sieht zwei Konzerte pro Jahr vor und beschränkt sich vorerst auf die Stadt Zug. Gemäss Stefan Buri wird nach Möglichkeit eine geografische Erweiterung auf die ganze Schweiz angestrebt. Für die Finanzierung sorgt der Verein Kammer Solisten Zug selbstständig. Stefan Buri: «Der Verein existiert seit 32 Jahren. Er ist in der Lage, finanzielles Risiko zu übernehmen. Zusätzlich wird das Projekt sehr grosszügig von privat unterstützt.»

Die Konzerte der «Souvenir»-Reihe sind öffentlich und somit auch für alle Interessierten und Nichtbetroffenen zugänglich. Das neue Konzept feiert Premiere am Mittwoch, 15. November, um 15 Uhr im Festsaal des Theaters Casino Zug – mit populären Weihnachtsliedern sowie Werken von Vivaldi, Händel, Bach und Vater Mozart. Vorverkauf im Theater Casino (Gönnerabos sind gültig). (Text vonAndreas Faessler)


Hinweis

Auch bei der Reihe «Caruso und seine Freunde» steht das nächste Konzert unmittelbar bevor: diesen Samstag (11 und 15 Uhr) im Festsaal des Theaters Casino Zug tauchen Caruso und seine Freunde in die Zirkus-Welt ein.