Eigenständige Werke mit emotionaler Tiefe
Kunst & Baukultur
Das Kunsthaus zeigt über 40 verborgene Werke zeitgenössischer Kunstschaffender. Verbunden mit einem besonderen Projekt mit verblüffenden Ergebnissen.
Zug – Zum Jahresende zeigt das Kunsthaus Zug zahlreiche Werke zeitgenössischer Kunstschaffender mit einer Verbindung zu unserem Kanton. Es sind Malereien, Zeichnungen und Fotografien sowie raumgreifende dreidimensionale Arbeiten, die zumeist nur in Büros, Sitzungszimmern und Empfangsräumen der kantonalen Verwaltung zu sehen sind.
In der Ausstellung wird nun eine Auswahl neuer Werke gezeigt, die seit dem Jahr 2000 erworben worden sind. Marco Obrist, Sammlungskurator des Kunsthauses Zug, betont: «Damit möchten wir den Besuchern ein Stück aktuelles Kunstschaffen unserer Region näherbringen.» Nicht zuletzt dank der öffentlichen Förderung brauche es den Vergleich mit anderen Regionen nicht zu scheuen.
Die Sammlung auf Wunsch
Zum 20-jährigen Bestehen der Abteilung Kunstvermittlung am Kunsthaus Zug haben sich im Jahr 2015 Menschen der Zuwebe (die Zuger Institution für Menschen mit Behinderung) am Projekt «Die Sammlung auf Wunsch» beteiligt. Sie haben Kunstwerke, die sie persönlich angesprochen haben, im Rahmen von Veranstaltungen dem Publikum vorgestellt. Ihre Auseinandersetzung mit den Werken hat damit aber erst begonnen. Bernadette Spörri, Gestaltungspädagogin und Betreuerin in der Zuwebe, erzählt: «Unsere Klienten gaben spontan zu verstehen, weshalb sie ihr Bild ausgesucht hatten. In der Folge setzten sie sich in der Abteilung Handwerk und Kunst mit dem Original auseinander.» Sie hätten neue Materialien kennen gelernt und in Anlehnung an das Original eine eigene Interpretation geschaffen. Sandra Winiger, Leiterin der Kunstvermittlung, sowie Matthias Haldemann, Direktor des Kunsthauses Zug, schauten hin und wieder in der Zuwebe vorbei und vermittelten wertvolle Impulse. «Unsere Klienten fanden die Auseinandersetzung mit den Originalen spannend. Ihr Stolz, etwas Kreatives erschaffen zu können, war unübersehbar.
Auf dem Rundgang durch die Ausstellungsräume wird schnell ersichtlich, dass im Dialog mit den Werken so namhafter Künstler wie Gustav Klimt, August Macke, Richard Paul Lohse bis hin zu Péter Nadas und Annelies Štrba neue Kunstwerke geschaffen wurden.
«Haben ungeahnte Fähigkeiten entwickelt»
Es ist beeindruckend, wie Gerhard Hürlimann mit einer genau strukturierten Arbeitsweise die Farben von Richard Paul Lohse übernommen und umgesetzt hat. Oder wie Thomas Schlumpf das Bild «Madonna auf violettem Grund» von Hans Schärer aus Ton modellierte. «Dass die Madonna lange Haare hat und markante Zähne zum Beissen, kommt sehr gut zum Vorschein», betont Sandra Winiger. Bernadette Spörri hält fest: «Unsere Klienten entwickelten ungeahnte Fähigkeiten, die sie weiter verfeinerten. Die gelungenen Werke erfüllen sie mit Freude und Stolz.»
Matthias Haldemann bringt es auf den Punkt, indem er sagt: «Dank der Eigenständigkeit und emotionalen Tiefe sind diese Papierarbeiten, Bilder, Fotos, Textilien, Keramiken, Objekte und Videos der Zuwebe-Klienten auch Kunstvermittler.» Der Besuch der Ausstellung im Kunsthaus Zug lohnt sich bestimmt. (Martin Mühlebach)
HinweisDie Doppelausstellung im Kunsthaus Zug dauert vom 4. Dezember 2016 bis zum 12. Februar 2017.