Via Kulinarik Grenzen überwinden

Brauchtum & Geschichte

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Menschen verschiedener Herkunftsländer kochen miteinander und für alle: Es ist eines der Hauptprojekte des Zuger Vereins FRW interkultureller Dialog und bewährtes Mittel, sich auf Augenhöhe zu begegnen.

  • Menüplanung beim Verein FRW (von links): Tursunoy Aknamou, Tetiana Yehorova, Tharsini Magalarupan, Ermira Shkoza und Olna Bashkatova. Bild: Stefan Kaiser (Baar, 14.08.2024)
    Menüplanung beim Verein FRW (von links): Tursunoy Aknamou, Tetiana Yehorova, Tharsini Magalarupan, Ermira Shkoza und Olna Bashkatova. Bild: Stefan Kaiser (Baar, 14.08.2024)

Baar – «St. Johannes ist so etwas wie unser ‹Labor›», sagt Regula Grünenfelder, Geschäftsführerin des Zuger Vereins FRW Interkultureller Dialog, der sich mit unterschiedlichen Angeboten für die Integration Geflüchteter einsetzt. Unter dem Motto «Zäme Zmittag ässe» wird im Pfarreiheim St. Johannes einmal pro Monat gekocht. Am Herd stehen Menschen unterschiedlicher Kulturen, viele stammen aus Konfliktregionen. Sie kochen ein Menü, das in ihrer Heimat typisch ist. Die Mittagstische sind öffentlich, für wenig Geld gibt es eine volle Mahlzeit. Und warum ist ausgerechnet St. Johannes das Labor? «Weil hier die neuen Projekte jeweils ihre ‹Premiere› feiern», erklärt Grünenfelder. Der Verein FRW – die Buchstaben stehen für Friede, Respekt, Würde – führt Mittagstische auch in Cham und Steinhausen durch. Das «Kulturmenü» in Baar ist ein weiterer kulinarischer Programmpunkt.

Dass beim Verein Kochen und Essen wesentliches Element ist, kommt nicht von ungefähr. Seine Grundmission: Es sollen Orte geschaffen werden, an denen alle Menschen sich für ihren Lebensraum verantwortlich fühlen, mitentscheiden, gestalten, teilen und so miteinander leben und voneinander lernen können. Und was würde sich da besser anbieten, als der gemeinsame Genuss einer schmackhaften Mahlzeit aus einem wechselnden Kulturraum?

Austausch, Teilnahme und Interaktion mit Einheimischen wie auch untereinander seien sehr wichtig für Geflüchtete, sagt Amina Haj Mohammed, Leiterin Sprache und Begegnung bei FRW. «Man stellt immer wieder fest: Es tut diesen Menschen gut. Sie brauchen die Begegnungen. So werden Ängste und Hemmungen abgebaut», weiss die Kurdin.

Deutsch lernen als eines der obersten Ziele

«Wir achten darauf, dass immer ein kulturell durchmischtes Team das Menü vor- und zubereitet», sagt Ermira Shkoza. Die aus Albanien stammende Fachmitarbeiterin Sprache und Begegnung organisiert und leitet die Kochaktionen. «Wenn unterschiedliche Landessprachen aufeinandertreffen, ist das förderlich für das Lernen von Deutsch als gemeinsamer Sprache der Verständigung», sagt sie, denn dies stehe bei FRW im Vordergrund. «Im Verein werden nicht weniger als 28 unterschiedliche Sprachen gesprochen.»

Bei FRW treffen zuweilen auch Menschen aufeinander, deren Herkunftsländer miteinander im Kriegsverhältnis stehen. «Hier aber sollen sich alle auf Augenhöhe begegnen», betont Amina Haj Mohammed. «Das kann man allerdings nicht mit Hilfe von Regeln erreichen», fährt Regula Grünenfelder fort. «Sondern es braucht eine überzeugende Grundidee, die alle Menschen mitsamt ihren kulturellen Hintergründen miteinander verbindet. An dieser Idee arbeiten wir stark, denn ihr Ziel ist das kollektive Begreifen, dass eine gemeinsame langfristige Zukunft nur eine friedliche sein kann.» Und dazu brauche es Ressourcen, die auf verschiedenen Ebenen zu nutzen seien. Diese bestünden unter anderem in Wissen und Eigenheit einer jeden einzelnen Person, die bei FRW freiwillig mitwirke – derzeit sind es über 150. Beim gemeinsamen Kochen und der Vermittlung eines Stückes Kultur beispielsweise können solche wertvollen Ressourcen ausgeschöpft werden.

«Ein weiterer Aspekt beim Zubereiten länderspezifischer Mahlzeiten ist derjenige, dass die Menschen damit ein Stück Heimat leben und somit dem Heimweh etwas entgegenwirken können», erklärt Tharsini Mangalarupan. Die gebürtige Sri-Lankerin betreut das von der Stadt Zug unterstützte Ukraine Projekt von FRW für Geflüchtete aus dem kriegsgebeutelten Land. Mangalarupan selbst stand schon am Herd, so wie die beiden Ukrainerinnen Tetiana Yehorova und Olna Bashkatova, die sich dankbar zeigen für die Möglichkeit, bei FRW Deutsch zu lernen und sich zu engagieren. Regula Grünenfelder erklärt: «Unser Projekt ermöglicht es allen – ohne Unterschied – die Sprache zu lernen und sich zu beteiligen.»

Usbekischer Eintopf

Das Kochteam beim Verein FRW umfasst um die 30 Personen, davon 13 aktive Köchinnen und Köche. Ermira Shkoza: «Wir machen Halbjahrespläne, kreieren und definieren gemeinsam die Menüs für die Mittagstische und das sechsmal jährlich stattfindende Kulturmenü, welches jeweils mit einer Darbietung einheimischer oder geflüchteter Künstlern und Künstlerinnen verbunden ist.»

Das nächste findet am 4. September im Schwesternhaus Baar statt. Verantwortlich für den Gaumenschmaus diesmal ist die Usbekin Tursunoy Aknamou. «Es wird einen Eintopf geben mit Rindfleisch und Teigwaren», verrät sie bereits. «Traditionell wird zwar meist Reis dazu serviert, doch ich mag es, unsere landestypischen Speisen zu variieren.» (Text von Andreas Faessler)