Temperamentvoller Exkurs in Europas Osten

Musik

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Baarer Wurzeln – und ungarische: Die Puszta Company hinterliess in der Rathus Schüür ein verzücktes Publikum.

Baar – Ein Heimspiel war’s für die Puszta Company. Das Ensemble spielte am Donnerstag anlässlich seines 25-jährigen Bestehens in der Baarer Rathus Schüür auf – in einer den Platzverhältnissen angepassten Viererbesetzung. An den Geigen: Madeleine Niggli und ihre Tochter Mirjam, beides gebürtige Baarerinnen und Mitgründerinnen der Puszta Company. Ebenfalls aus der Niggli-Familie: Tänzerin und Sängerin Julia Medugno. Und am Klavier griff Ayumi Brodbeck in die Tasten.

Wie der Name impliziert – Puszta, die steppenähnliche ungarische Tiefebene –, steht osteuropäische Folklore im Zentrum des breitgefächerten Repertoires. Vor Generationen seien die Vorfahren der Familie aus Ungarn in die Schweiz ­gekommen, erklärte Mirjam Nigg­li im Verlaufe des Konzerts. Die Puszta Company ist also eine Art Reminiszenz an ihre familiären Wurzeln.

Das Abendprogramm gestaltete sich genau so, wie es das gespannte Publikum erwarten durfte – wenn auch die Eröffnung mit Johann Strauss’ Trisch-Tratsch Polka rein wienerisch geprägt war. Doch bereits mit dem darauf folgenden Vilja-Lied von Franz Lehár war man in Osteuropa angekommen, auch wenn die «Lustige Witwe», aus welcher das Lied stammt, in Paris spielt.

Populäres und Traditionelles

Bald gab’s rassige Zigeunerweisen – instrumental, gesungen, getanzt. Unbekannte Perlen, wie auch Gassenhauer, um die ein solches Programm nicht umhinkommt, hallten durch die Scheune. Da gehört der bekannteste aller Ungarischen Tänze von Johannes Brahms – Tanz Nr. 5 – unweigerlich dazu, oder der hochleidenschaftliche «Czárdás» von Vittorio Monti. Und beim Vordringen in russisches Gebiet ist natürlich die Kalinka nicht weit. Im Programm fanden slawisch geprägte Operettenschlager von Fred Raymond oder Robert Stolz ebenso Platz wie traditionell überliefertes Liedgut aus dem bäuerlichen Umfeld der Zigeuner.

Die vier Musikerinnen gaben ein reiches Kaleidoskop an osteuropäischem Musikgut zum Besten, das zugleich eindrücklich aufzeigte, wie sich auch westliche Komponisten stark von jener Folklore inspirieren liessen, welche mit ihren temperamentvollen Wechsel von Moll zu Dur und zurück jedermanns Blut in Wallung bringt.

Die ungemeine Spielfreude der Damen, die changierende, traditionell gehaltene Garderobe von Julia Medugno und der enge Kontakt mit dem Publikum kamen sehr gut an. Man liess sich förmlich mitreissen, der Wunsch nach mehr am Ende des Konzerts wurde unmissverständlich geäussert. Natürlich liess sich die Puszta Company nicht zweimal bitten und schenkte dem Publikum noch ein russisches Sehnsuchtslied und ein liebliches Zigeunerstück. (Andreas Faessler)