Barocke Perlen zum Jubiläum

Musik

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Mit Musik aus der «Hochblüte des Barocks» feierte das Zuger Kammerensemble sein vierzigjähriges Bestehen.

  • Das Kammerensemble verzückte mit einem schillernden Konzert. (Bild Stefan Kaiser)
    Das Kammerensemble verzückte mit einem schillernden Konzert. (Bild Stefan Kaiser)

Baar – All das, was als barock gilt, das golden-bunt-stuckverzierte, üppige religiös-weltliche, bis in alle Kolonien exportierte Sinnenfreude widerspiegelte sich im Jubiläumskonzert des Zuger Kammerensembles, das am Freitagabend in der Kirche St.Johannes in Zug und am Sonntagabend in der Kirche St.Martin in Baar aufspielte. Sein Begründer, der über achtzigjährige Kinderarzt und Cembalist Werner Weiss, hatte wiederum ein Ensemble vom Feinsten zur Verfügung, circa 15 Musiker und Musikerinnen unterschiedlichster Herkunft, wie der Programmflyer verriet.

Unter der Barockkuppel von St.Martin umringten sie ihre beiden Solisten: den Blockflötenspezialisten Maurice Steger und die in Zug heimische Violinistin Esther Hoppe. Dass diese in letzter Minute für die erkrankte Chouchane Siranossian eingesprungen war, fiel nicht ins Gewicht: Virtuosität aller prägte das Konzert und war Voraussetzung für ein verschlungen vielstimmiges Zusammenspiel von höchster Komplexität. Den Part des Basso continuo teilte sich Werner Weiss abwechslungsweise mit der Cembalistin Margarete Kopelent.

Samtig weiche Klänge

Es waren kostbare Perlen hochbarocker Musik, die sie zum Glänzen brachten. Den Anfang machte das Concerto grosso D-Dur, op. 6 Nr. 4 von Arcangelo Corelli, in dem die kleine, links platzierte, solistisch behandelte Concertino-Gruppe, angeführt von Konzertmeister Jakub Nitsche, temperamentvoll gegen die jubelnden Tutti des ganzen Ensembles gesetzt wurde. Gelassen mitten darin Emanuele Forni, der dem grossbauchigen, mit langem Griffbrett ausgestatteten Zupfinstrument «Thoerbe» wunderschön warme, sehnsüchtige Cantabile-Tropfen entlockte, die in ein Adagio mündeten, das wie roter Samt klang.

Für Johann Sebastian Bachs E-Dur-Konzert BWV 1042 erschien dann lächelnd Esther Hoppe, gleichsam eine Fürstin im langen, fliessenden Kleid. Das berühmte Adagio schuf, nach dem rasanten Eingangsallegro, Raum für ein Solo voller schwebender Gefühle, die sich auch im Gesicht der Solistin spiegelten – eine zarte, zweifelnde, hingebungsvolle Stimme, mal traurig, mal freudig. Ein fein geschliffenes, irisierendes Juwel.

Vivaldi hatte 1728 sechs Flötenkonzerte komponiert, die zu den ersten dieser Art gehörten. Die bekanntesten daraus, «Il gardellino» und «La notte» setzen die Flöte als Vogelstimme ein und boten dem Solisten Gelegenheit für virtuose Triller, Doppelschläge und weitere Notenumspielungen. Maurice Steger stürzte sich unter Ganzkörpereinsatz in die beiden Stücke, tanzte, drehte sich, zog sein Knie hoch, wurde sozusagen selber zum hüpfenden Vogel, machte aus der Musik kleine, sichtbare Dramen und brachte Finger und Atem so atemberaubend bravourös zum Einsatz, dass man mit Sehen und Hören fast nicht mehr mitkam.

Den Abschluss bildete eine veritable «Brillantenkette» an Musik: Bachs Konzert d-Moll für Flöte, Violine, Streicher und Basso continuo (BWV 1060). Wieder stach das Adagio hervor: Während das Ensemble mit ebenmässigen Pizzicati die Kettfäden des Musikteppichs in den Raum spannten, flochten die beiden Solisten im weichsten Legato lange schimmernde Melodielinien dazwischen. Beinahe wie ein barockes Fürstenpaar vor einem der wundervoll gewobenen Teppiche, mit denen man – damals – an den Höfen die Wände schmückte. Das zahlreich gekommene Publikum, in dieses «Damals» entführt, dankte mit stehendem Applaus. (Dorotea Bitterli)