Farbenfrohes Zuger Neujahrsblatt

Brauchtum & Geschichte

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Die Traditionspublikation erscheint ohne Unterbruch seit 1892. Über die Jahre hat sich der Inhalt immer wieder gewandelt. Die aktuelle Ausgabe macht nun unter anderem die Glasmalerei zum Thema.

  • Die Ratsherrenscheibe von 1679 ist im Museum Burg Zug zu sehen. (Bild Maria Schmid)
    Die Ratsherrenscheibe von 1679 ist im Museum Burg Zug zu sehen. (Bild Maria Schmid)

Zug – Coronabedingt haben die Macher des Zuger Neujahrsblatts die Vernissage heuer aussetzen müssen. Die Neujahrsblatt-Redaktion unter der Führung von Dieter Müller hat für die aktuelle Ausgabe das Thema Farbe ausgewählt.

Das Thema in den Fokus gerückt hat auch eine Meldung, die dem Redaktionsleiter zu Ohren gekommen ist. Der vielseitige Künstler Heiri Scherer sei daran, den Zuger Farbkasten aufzufrischen. Auf der Suche nach dem Chamer Ziegelrot – der Bär im Wappen Chams ist so gefärbt – stiess Scherer auf die Sammlung von Fliesen aus dem Schloss Buonas. Diese sind im Ziegeleimuseum Cham archiviert. Dieter Müller hat diese Farbenvielfalt dazu animiert, acht Zuger Künstler zu bitten, daraus je ein Werk zu schaffen.

Auch wenn das Gerüst steht, ist Platz für Ideen

Mit Ausnahme der Europäischen Tage des Denkmals 2019 waren die Fliesensammlungen noch nie öffentlich zu sehen. Chefredaktor Müller erzählt gern über den Prozess des Werdens. Wendungen gehören hierbei zum Programm: «Wir haben jeweils eine lange Liste mit möglichen Themen. Mit der Zeit schrumpft diese dann nach und nach.» Es wird dann die gefasste Konzeptidee weiterentwickelt, «welche inhaltlich am meisten hergeben könnte». Wenn das grobe Gerüst des Blatts steht, macht sich Dieter Müller auf die Suche nach Autoren und Fotografen. Doch in Stein gemeisselt seien die Geschichten zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Müller sagt: «Es gibt immer wieder Entdeckungen und Entwicklungen, die dazu führen, dass ein zusätzlicher Artikel entsteht.» Oftmals ändere sich in dieser Phase auch der Fokus eines Beitrages, ergänzt Redaktionsleiter Müller.

Durch eine solche Wendung ist in der aktuellen Ausgabe eine fiktive Geschichte über den bekannten britischen Maler William Turner entstanden. Dieser hat ein Bild vom Zugersee gemalt. Doch ob er je hier war, ist historisch nicht belegt. Die Richtschnur für sein Wirken im Namen des Zuger Neujahrsblatts ist für Dieter Müller der lokale Bezug. Er sagt stolz: «Zusammen mit der Neujahrsblatt-Kommission denke ich, dass es uns immer wieder gelingt, ein Thema zu bestimmen, das inhaltlich genügend überraschende Artikel ermöglicht.»

Fixe Denkmuster existieren beim Neujahrsblatt anscheinend nicht. Im Magazin-Raster hat aber neben dem «was ist» auch das «was war» seinen Platz. Es geht einfach immer weiter vorwärts. Das erste Neujahrsblatt ist übrigens im Jahre 1842 erschienen und kostete einen Franken. Die Stadt Zug alimentierte das Produkt mit 32 Franken im Jahr. Geldmangel führte dann nach fünf Jahren zur Einstellung des Druckwerks. Seit 1892 erscheint das Presseerzeugnis unter dem Dach der Gemeinnützigen Gesellschaft Zug und ist derzeit bis zur Ausgabe 2008 digital und gratis verfügbar. Auch in der neusten Ausgabe haben die «Freunde der Geschichte», wie es im 19. Jahrhundert auf dem Cover des Magazins jeweils noch hiess, etwas Interessantes zum Lesen. Der schlichte Titel lautet «Die goldene Zeit der Zuger Glasmalerei». Es finden sich unter anderem Beschreibungen zu zwei bemalten Scheiben, die für Liebhaber von Wappen Hingucker sind. Auf der einen verewigen sich städtische Ratsherren. Vor allem das Zuger Symbol «Weiss-Blau-Weiss» hat der Künstler filigran herausgearbeitet. Das Zuger Wappen ist verdoppelt. Auf der einen Seite steht der Heilige Oswald, auf der anderen der Heilige Michael. Über allem thronen das Reichswappen und die dazugehörende Krone. Als Herstellungsjahr ist das Jahr 1679 genannt. Die Urheberschaft des Werks ist mit Michael IV. Müller angegeben.

Ruhm in der Fremde, Todesurteil in der Heimat

Ein speziell schönes Exemplar eines Kunstwerks aus Glas und Farbe stellen die Familienwappen von Johann Franz Landtwing und Maria Elisabeth Zurlauben dar. Entstanden sind sie für die Liebfrauenkapelle in der Zuger Altstadt.

Landtwing ist wie viele Zurlauben-Sprossen durch fremde Dienste in Frankreich zu Geld gekommen. Im ersten Harten- und Lindenhandel (1728–1736), einem vielschichtigen Streit um Geld und Einfluss, verurteilte Zug Landtwing zum Tode. Er musste fliehen – die Zuger Gerichtsherren rehabilitierten ihn später. Im obgenannten Zwist verlor auch die Familie Zurlauben Ansehen, Ansprüche und viel Geld. (Marco Morosoli)