Fasnachtszeitung kennt alle Sünder

Brauchtum & Geschichte

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Der «Cheschtänä-Igel» blickt in ungewohnter Gestaltung auf ein ruhiges Jahr zurück – und geht anscheinend Ärger aus dem Weg.

Walchwil – Auch der «Cheschtänä-Igel» kann sich der gegenwärtigen Situation nicht entziehen. Damit die Fasnachtszeitung dennoch auf einen respektablen Umfang von zwölf Seiten kommt, ist sie mit Hinguckern ausgestattet worden: 28 Fotos aus der langen Geschichte der 1906 gegründeten Zunft zur Walachei. Sie zeigen ehemalige Hudiväter und -mütter, die älteste Aufnahme entstand vor bald 100 Jahren. Ausserdem gibt es eine Seite mit  – mässig lustigen – Coronawitzen sowie ein Kreuzworträtsel, das sich dem Humor vorsätzlich entzieht.

Doch natürlich bleiben die Verse der Höhepunkt der Ausgabe. Trotz der allgemeinen Tristesse hat der «Igel» wieder das eine oder andere aufgeschnappt – auch und gerade im Zusammenhang mit dem Virus. So versuchten etwa die Fries-Brüder, die Maskentragepflicht beim Skifahren auf dem Stoos so kurz wie möglich zu halten. Bei der Bergstation gerieten sie in eine Diskussion mit einem Angestellten, woraufhin der Sessellift angehalten wurde. Sie gaben klein bei: «Steht die Anlage nun still, auch ein Fries begreifen will. Alle bleiben auf dem Lift stecken, bis sie sich den Mund bedecken», weiss der Igel und ergänzt genüsslich: «Gebrüder Fries vergesst nicht, laut BAG herrscht Maskenpflicht. Wollt ihr keine Regel hinterfragen, müsst ihr die Ski den Berg hochtragen.»

Mit ihrer Schlaumeierei Erfolg hatten hingegen Beat Hürlimann und Marc Beck. Sie waren mit der Familie von Peter Rust in den Ferien, als sie vor der Herausforderung standen, dass nur Personen aus zwei Haushalten an einem Tisch sitzen durften. Die Lösung? «Für dieses Problem haben sie eine Idee, das ist klar, Beat und Marc outen sich als schwules Paar.» Allerdings hatte die Sache einen Haken: «Nicht ganz durchdacht war der Plan der beiden Schlauen, so dürften sie der Serviertochter nicht aufs Füdli schauen.»

Freier Tag am Feiertag

Dass im letzten Jahr ziemlich viel durcheinandergeriet, zeigt das Beispiel von Roly Hofer. Er hatte anscheinend vergessen, dass der 1. August auch während der Pandemie ein Feiertag war, stand er doch mit einer Ladung zum Entsorgen vor dem menschenleeren Ökihof. Andi Rust wird abseits des Virus auf die Schippe genommen. Der Käsermeister hilft dem Winterdienst beim Salzen der Strassen im Berggebiet. Der Igel sorgt sich deshalb um sein Kerngeschäft: «Seinem Käse im Keller wird langsam bange, hoffentlich dauert der Winter nicht zu lange… Denn das Salz, hier nur in Kürze, fehlt dann halt für ihre Würze!» Zu seiner fast schon traditionellen Erwähnung in der Fasnachtspostille kommt Christophe Lanz. Dem Präsidenten des Militärschiessvereins wurde wie schon in den Vorjahren eine lange Nacht zum Verhängnis. Diesmal aber in anderer Weise: «Wenn er schläft, dann wie ein Stein, der Präsident vom Schiessverein. Statt zur Kirche mit den Monarchen hört man ihn zu Hause schnarchen. Als er erwacht, es ihm dämmert, Messe verpennt, voll behämmert.»

Die Obrigkeit ja nicht verstimmen

Die Schutzmaske, die der diesjährige «Cheschtänä-Igel» auf dem Titelbild trägt, kann man doppeldeutig interpretieren – als Maulkorb nämlich. Denn gerüchtehalber sind kurz vor dem Druck zwei Beiträge, die den Gemeinderat zum Thema hatten, der Zensur unterlegen. Anscheinend hatte es letztes Jahr Ärger mit einem publizierten Vers gegeben. Ob der erste Reim in der diesjährigen Ausgabe darauf anspielt: «Ä Fasnachtszitig schribä isch nid liecht, bsunders wils jedä ä chli andersch miecht. Wänns di tüpft, so nimms nid schwär, ohni das wär dä Cheschtänäigel läär.» (Raphael Biermayr)